Marianengraben

Komplett neues Virus in der Tiefsee entdeckt

 Robert Klatt

Bakteriophage vB_HmeY_H4907 )kcotS ebodAYREHTOCORC(Foto: © 

Im Marianengraben, dem tiefsten Punkt der Weltmeere, wurde ein komplett neues Virus entdeckt.

Qingdao (China). Die Tiefsee gehört zu den am wenigsten erforschten Lebensräumen der Erde. Bei Expeditionen werden deshalb noch regelmäßig unbekannte Lebensformen entdeckt, darunter etwa der Antarktische Erdbeerfederstern (Promachocrinus Fragarius) und Bakterien mit einer besonderen Fortpflanzungsmethode. Forscher der Ocean University of China um Min Wang haben nun im Marianengraben, der mit einer Maximaltiefe von etwa 11.000 Metern die tiefste Stelle der Weltmeere bildet, ein komplett neues Virus entdeckt.

Laut der Publikation im Fachmagazin Microbiology Spectrum handelt es sich bei dem in 8.900 Metern Tiefe entdeckten Virus um eine sogenannte Bakteriophage. Das Virus infiziert also nur Bakterien und vermehrt sich in deren Körper.

„Es ist die tiefste uns bislang bekannte Phage, die in den Ozeanen dieser Welt isoliert werden konnte.“

Einzigartiger Fund im Marianengraben

Bakteriophagen sind die am weitesten verbreitete Lebensform der Erde. Bisher wurden sie trotzdem noch nicht im in extremen Tiefen wie im Marianengraben entdeckt. Trotzdem sind die Wissenschaftler nicht überrascht. Laut ihnen sind Phagen entscheidend für das biologische Gleichgewicht in einem Ökosystem. Sie tragen wesentlich zu den biogeochemischen Kreisläufen und dem Stoffwechsel ihrer Wirtszellen teil.

„Wo immer Leben ist, kann man auch davon ausgehen, dass Regulatoren am Werk sind, in diesem Fall Viren.“

Die Bakteriophage vB_HmeY_H4907 ist nicht nur das bisher am tiefsten gefundene Virus, sondern bildet auch eine neue Virusfamilie (Suviridae), die neue Einblicke in die Überlebensstrategien in abgelegenen und extremen Umgebungen liefert. Zudem liefert das Virus neue Erkenntnisse über die Ko-Evolution von Viren und ihren Wirtsbakterien.

Keine Infektion des Menschen

Eine Gefahr für den Menschen stellt das neue Virus nicht dar, weil er ausschließlich Tiefseebakterien der Gattung Halomonadaceae infiziert. Interessanterweise vermehrt sich das Virus in diesen Bakterien, ohne sie zu zerstören. Genomische Analysen haben ergeben, dass die Struktur des Virus stark Ähnlichkeiten mit seinem Wirt aufweist. Dies deutet darauf hin, dass dieses Virus wahrscheinlich schon lange in den Weltmeeren vorkommt.

Microbiology Spectrum, doi: 10.1128/spectrum.01912-23

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