D. Lenz
Die Ergebnisse eines Forscherteams der University of Florida legen nahe, dass die kambrische Artenexplosion vor rund 550 Millionen Jahren mit der mehrmaligen Umpolung des Erdmagnetfeldes im Zusammenhang steht. Die daraus resultierende Ausdünnung der schützenden Ozonschicht und die gleichzeitig erhöhte Konzentration von UV-Strahlung bewirkten eine substantielle Veränderung der evolutionären Entwicklung des Lebens.
Gainesville (USA). Im Ediacarium vor rund 600 Millionen Jahren sah das Leben auf der Erde ganz anders aus, als wir es heute kennen. Die Ozeanböden waren mit dicken Bakterienmatten bedeckt und überwiegend von Weichtieren besiedelt. Harte Schalentiere oder gar fleischfressende Räuber, wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht.
Vor etwa 550 Millionen Jahren ereignete sich ein gewaltiges Massenaussterben und die meisten Weichkörpertiere starben aus. In einem Zeitraum von nur 5 bis 10 Millionen Jahren, der auch als kambrische Artenexplosion bezeichnet wird, entwickelte sich dann eine neu strukturierte Fauna. Die Ursache für diese evolutionäre Umgestaltung ist bis heute unklar. Einige Hypothesen legen nahe, dass ein rapider Anstieg des Sauerstoffgehalts in der Atmosphäre der Grund war. Andere Studien benennen die Entwicklung von räuberischen, fleischfressenden Spezies als Grund. Auch das Auseinanderbrechen des Urkontinents Rodinia könnte eine Rolle gespielt haben.
Ein Forscherteam um Joseph Meert von der University of Florida in Gainesville hat nun eine neue Hypothese aufgestellt. Eine ungewöhnlich schnelle Folge von Umpolungen des Erdmagnetfeldes soll den Umbruch in der Artenvielfalt ausgelöst haben. Während des Ediacarium ereigneten sich Polsprünge wesentlich häufiger als dies normalerweise der Fall ist, wie Untersuchungen von rund 550 Millionen Jahre altem Sedimentgestein im westlichen Russland nahelegen. Durch die temporäre Schwächung des geomagnetischen Feldes konnten hochenergetische Partikel aus dem All in die oberen Atmosphärenschichten eindringen und bewirkten eine teilweise Zerstörung der Ozonschicht. In manchen Regionen wurde die Ozonschicht um bis zu 40 Prozent geschwächt, und mindesten doppelt so viel UV-Strahlung der Sonne erreichte den Erdboden, so die wissenschaftliche Hypothese. Die Kombination aus einer geringeren Ozonkonzentration und erhöhter UV-Strahlung begünstigte die Entwicklung von Lebewesen, die sich entweder durch Eingraben oder eine sehr widerstandsfähige Beschaffenheit ihres Körpers vor einer Schädigung ihrer DNA durch die UV-Strahlung schützen konnten. Dies wäre eine plausible Erklärung für die evolutionären Veränderungen am Übergang zwischen dem späten Ediacarium und dem frühen Kambrium. Einige Wissenschaftler bleiben jedoch skeptisch. Sie sind der Meinung, dass die erhöhte UV Strahlung zwar in Perioden instabiler Erdmagnetfelds auftritt, diese jedoch nicht für einen derart substantiellen Eingriff in die Evolution der Arten verantwortlich gemacht werden kann.