Robert Klatt
In der Tiefsee wurden erstmals magnetotaktische Bakterien entdeckt, die das Magnetfeld der Erde als „Bahnstrecke“ nutzen. Die Mikroben können für die Suche nach Außerirdischen von großer Bedeutung sein und Informationen über die Lebensbedingungen auf der frühen Erde liefern.
Tokio (Japan). Magnetotaktische Lebewesen nutzen das Magnetfeld der Erde zur Orientierung. Die Biologie hat vor längerem magnetotaktische Bakterien an Land und in flachen Gewässern entdeckt. Nun haben Forscher der University Of Tokyo erstmals Bakterien in der Tiefsee entdeckt, die das Magnetfeld der Erde an der hydrothermaler Schloten spüren können. Laut der Publikation im Fachmagazin Frontiers in Microbiology enthalten die Mikroorgansimen Membran-umhüllte Eisenkristalle (Magnetosome), die sich so ausrichten, dass sie wie ein Kompass wirken.
Die Bakterien nutzen das Erdmagnetfeld ähnlich wie magnetische „Bahnstrecken“, um sich darauf in nördliche oder südliche Richtung zu bewegen. Laut dem Team um Yohey Suzuki spielen die winzigen Lebewesen eine essenzielle Rolle im biogeochemischen Kreislauf von Kohlenstoff, Stickstoff und weiteren Schlüsselelementen.
Entdeckt wurden die Bakterien bereits 2012 während einer wissenschaftlichen Seereise zum südlichen Marianengraben im westlichen Pazifik. Bei einem Tauchgang mit dem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug HYPER-DOLPHIN entnahmen die Forscher an einem Schlot eines Hydrothermalfels in 2.787 Metern Tiefe Proben.
„Wir entdeckten magnetotaktische Bakterien auf dem Schlot, mit denen wir nicht gerechnet hatten. Aufgrund der Form des Schlots fehlt ein klares, vertikales chemisches Gefälle, das diese Bakterien normalerweise bevorzugen. Die Bakterien, die wir gesammelt haben, enthielten hauptsächlich 'kugelförmige' Magnetosome, die wir als 'primitive' Form betrachten und daraus schließen, dass sie sich über viele Jahrtausende hinweg nicht viel verändert haben.“
Der unerwartete Fund macht den Forscher Hoffnung darauf, dass diese Bakterien auch in anderen unerwarteten Orten existieren könnten, sowohl auf der Erde als auch möglicherweise auf dem Mars oder weiter entfernten Welten.
„Der Ort, an dem wir die Bakterien gesammelt haben, ähnelt dem, was wir denken, dass der Mars vor etwa 3 Milliarden Jahren war, als noch fließendes Wasser auf seiner Oberfläche war.“
Die Forscher erklären zudem, dass magnetotaktische Bakterien über Jahrmilliarden in Gesteinen erhalten bleiben. Sie können deshalb Informationen über die Verschiebung der Magnetpole der Erde geben und ermöglichen es der Forschung, die Lebensbedingungen auf der frühen Erde zu rekonstruieren. Die Wissenschaftler möchte deshalb weitere Gesteine auf der Erde nach den Mikroorganismen durchsuchen.
„Magnetotaktische Bakterien geben Hinweise auf die frühe Diversifikation von Bakterien, und wir hoffen, dass sie über die Erde hinaus gefunden werden, vielleicht auf dem Mars oder eisigen Monden. Fürs Erste werden wir weiter nach weiteren Hinweisen auf sie in verschiedenen Arten und Altersstufen von Gesteinen auf der Erde suchen, wo sie bisher nicht vermutet wurden.“
Frontiers in Microbiology, doi: 10.3389/fmicb.2023.1174899