Robert Klatt
Der Megalodon wurde bis zu 20 Meter lang. Eine neue Studie zeigt nun, dass diese Riesengröße jedoch nur in kalten Meeresregionen erreicht wurde.
Chicago (U.S.A.). Der Megalodon erreichte laut einer kürzlich publizierten Studie eine Länge von bis zu 20 Metern. Er war damit etwa dreimal so lang wie der gefürchtete Weiße Hai. Wieso der Megalodon diese enorme Größe erreichen konnten und wieso immer wieder auch deutlich kleiner Fossilien des inzwischen ausgestorbenen Hais gefunden werden, stellte die Forschung jedoch vor ein Rätsel.
In der Paläontologie existierte etwa die Vermutung, dass der Megalodon im eher warmen Wasser, geboren wurde. Dafür spricht auch, dass in der Region des heutigen Panamas vorwiegend kleiner Zähne des Hais entdeckt wurden. Die sehr großen Zähne wurden hingegen vorwiegend in Gegenden mit eher kaltem Wasser gefunden.
Wissenschaftler der DePaul University haben nun eine neue Theorie publiziert, die die Größenunterschiede der Megalodon in den verschiedenen Regionen der Erde erklären soll. Laut ihrer Veröffentlichung im Fachmagazin Historical Biology analysierte das Team um Kenshu Shimada 120 fossile Megalodonzähne und brachte die Daten in Verbindung zum Fundort. Zudem untersuchten die Forscher 25 weitere fossile Haizähne von anderen Arten. Im Gegensatz zu anderen Studien rekonstruierten die Wissenschaftler überdies anhand von Klimamodellen und Modellen der Meeresströmungen, welche Wassertemperaturen bei den jeweiligen Fundorten existiert haben.
Die Analyse zeigt tatsächlich eine Korrelation zwischen der Größe der Haie und zur damaligen Wassertemperatur der Fundstellen. In Regionen mit eher kaltem Wasser und kalten Meeresströmungen erreichte der Megalodon demnach seine maximale Größe. In warmen Meeresgebieten mit einer Wassertemperatur von 30 Grad Celsius blieben die Haie hingegen deutlich kleiner.
„Kurz gesagt: Die einzelnen Exemplare von Otodus megalodon waren im kalten Wasser im Schnitt größer als in warmem Wasser. Dieser Befund deutet auf ein zuvor unerkanntes Muster der Körpergrößen für den fossilen Hai hin. Bemerkenswert daran ist, dass er damit dem ökologischen Muster der Bergmannschen Regel zu folgen schien“, so Shimada. Tiere in kalten Regionen waren also größer und kompakter als ihre Artgenossen in tropischen Regionen, weil sie dadurch weniger Wärme verloren haben.
Die Studie liefert somit deutliche Hinweise darauf, dass der Megalodon der Bergmannschen Regel gefolgt ist. „Diese Regel wurde bisher nicht nur für Säugetiere, sondern auch für eine breite Palette anderer Wirbeltiere inklusive Fischen, Amphibien, Reptilien und Vögeln nachgewiesen“, erklären die Autoren. Bei Elasmobranchier, der Gruppe, der auch Rochen und Haie angehören, war dies bisher jedoch nicht der Fall.
Die Wissenschaftler vermuten daher, dass die Kombination aus seiner Anpassung an kalte Gewässer und die rudimentäre Warmblütigkeit den Urzeithai einst so erfolgreich machten. „Otodus megalodon könnte seinen prädatorischen Erfolg durch das von der Warmblütigkeit ermöglichte schnelle Schwimmen in Kombination mit dem polwärtigen Gigantismus gefördert haben. Das Breitgengrad-spezifische Größenmuster könnte daher ein potenzieller ökologischer, vielleicht sogar evolutionärer Treiber für den Gigantismus gewesen sein“, erklären die Paläontologen-
Die nun publizierten Ergebnisse zeigen somit deutlich, dass nicht alle Megalodon riesenhaft waren. „Die gängige Annahme, dass Otodus megaolodon 18 bis 20 Meter lang wurde, sollte daher primär auf die Populationen angewendet werden, die in kühleren Umgebungen lebten“, so Shimada.
Es bleibt außerdem weiterhin unklar, ob der Urzeithau bestimmte Brutgebiete in wärmeren Regionen hatte. „Es ist noch immer möglich, dass Megalodon seinen Nachwuchs in speziellen Kinderstuben aufzog. Aber unsere Studie zeigt, dass diese Fundstellen kleinerer Zähne stattdessen auch darauf zurückgehen könne, dass die Haie in wärmerem Wasser kleiner blieben“, erklärt Harry Maisch von der Fairleigh Dickinson University.
Historical Biology, doi: 10.1080/08912963.2022.2032024