Dennis L.
US-Forscher zeigen, unter welchen unwirklichen und extremen Bedingungen Leben auf der Erde existieren kann. In der Atacama-Wüste konnten sie Bakterien finden, die mit Säure in Felsen Wasser aus Gipskristallen freisetzen, um zu überleben.
Riverside (U.S.A.). Bisher gilt im Allgemeinen: Kein Leben ohne Wasser. An diesen biologischen Grundsatz müssen sich auch Cyanobakterien in der Atacama-Wüste halten, die in der trockensten Wüste der Erde außerhalb der Polregionen leben. Über die Zeit haben die Mikroben eine faszinierende Taktik entwickelt, um in der heißen Wüste zu überleben: Die photosynthetisch aktiven Bakterien setzen das in Gipskristallen gebundene Wasser durch Säure frei. Durch diesen Vorgang nimmt das Mineral eine neue, wasserfreie Kristallstruktur an und wird zum sogenannten Anhydrit. Wie die US-Forscher um David Kisailus von der University of California im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) berichten, schließen sie aus ihrer Entdeckung, dass Leben auch noch an weitaus extremeren Orten möglich sein könnte – beispielsweise auf dem Mars.
In den zahlreichen Gesteinsbrocken, die in der Atacama-Wüste herumliegen, befindet sich Gips (auch Gipsspat genannt) in Form einer Gitterstruktur aus Kalziumsulfat und Wasser. Bei hohen Temperaturen und sauren pH-Werten können sich die Wassermoleküle aus der Gitterstruktur lösen, so dass der Gips in Form von Anhydrit zurücklassen. „Mikroben in der Atacama-Wüste nutzen das Gestein nicht nur, um sich vor der extremen Sonnenstrahlung zu schützen, sondern auch als Wasserquelle“, schreiben die Forscher weiter.
Indem die Cyanobakterien, die im Inneren des Gesteins die Kristallflächen mit einem sauren Biofilm überziehen, setzen sie das Kristallwasser frei. Die Forscher konnten durch spektroskopische und mikroskopische Analysen von den Gesteinsproben aus der Wüste nachweisen, dass wasserfreies Gips-Anhydrit nur dort vorlag, wo auch die Bakterien wuchsen.
Weitere Experimente im Labor zeigten zudem, dass sich die Kristallstruktur der Gesteine nach 30 Tagen nur dann veränderte, wenn die Bakterien keinen anderen Zugang zu Wasser hatten. Je höher unter diesen Bedingungen die Bakterienanzahl im Gestein war, desto größer war auch die Freisetzung von Wasser. Stand den Bakterien wiederum eine Nährlösung zur Verfügung, so blieben die im Stein enthaltenen Gipsstrukturen unverändert.
Nach Ansicht der Forscher könnten die neuen Erkenntnisse bei der zukünftigen Entwicklung neuer Wasserspeichertechnologien hilfreich sein – vielleicht nicht für Techniken auf der Erde, aber vielleicht einmal für Technologien für andere Planeten.
PNAS, doi: 10.1073/pnas.2001613117