Rädertierchen

Mikroorganismus nach 24.000 Jahren im Eis wieder lebendig

Conny Zschage

Rädertierchen )akwelP leahciM(Foto: © 

Rädertierchen sind beeindruckende multizelluläre Mikroorganismen. Eine spezielle Art von Rädertierchen, sogenannte Bdelloiden, werden nur einige hundert Mikrometer groß, können enorme Hitze und Kälte sogar im Vakuum aushalten und überleben ohne Nahrung aufzunehmen. Nun haben Wissenschaftler Exemplare dieser Art im sibirischen Permafrost gefunden. Sie sind 24.000 Jahre alt und lebendig.

Puschtschino (Russland). Dass einzellige Organismen mehrere tausend Jahre gefroren im Eis überleben können, ist nicht neues. Forscher des Labors für Bodenkryologie des Instituts für Physikochemie und Bioprobleme in Bodenwissenschaften aus Puschtschino in Russland haben nun einen mehrzelligen Organismus im Permafrost Sibiriens gefunden. Mithilfe der Radiokarbonmethode, bei welcher die vorhandenen Kohlestoffisotope in einem Lebewesen gemessen werden, konnte bestimmt werden, dass das gefundene Rädertierchen um die 24.000 Jahre alt ist.

Bisher stand nur fest, dass die speziellen Rädertierchen namens Bdelloiden 10 Jahre gefroren überleben können. Die neuen Erkenntnisse der Forschungsgruppe, welche in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht wurden, analysieren auch wie genau der multizelluläre Organismus im Eis überleben kann.

Natürlicher Schutzschild gegen Eiskristalle

Dabei stellten die Forscher fest, dass Bdelloiden über eine Art äußeren Schild verfügen, welcher sie vor Eiskristallen schützt. Der genaue Mechanismus dieses Schutzes ist bisher noch unerforscht. Zukünftige Studien könnten aber einen besseren Einblick in die Funktionsweisen des Schildes geben und so die Tür für neue Technologien öffnen. Besonders interessant wäre eine solche Technik für Satelliten, welche sehr niedrigen Temperaturen ausgesetzt sind und oftmals Probleme durch sich bildende Eiskristalle bekommen.

Mikroorganismen als Schlüssel zum ewigen Leben

Die Studie ist ein erster Beweis dafür, dass multizelluläre Organismen längeres Einfrieren überleben können. Zwar sind Mikroorganismen weitaus simpler aufgebaut als Säugetiere, verfügen allerdings über ein Gehirn und Organe. Wie das Rädertierchen in der Lage ist auch nach sehr langer Zeit im Eis alle Körperfunktionen wieder vollständig aufzunehmen, soll nun als Nächstes untersucht werden.

Die Möglichkeit, Menschen für längere Zeit einzufrieren, um sie ohne Alterung Jahrzehnte später wieder aufzutauen, kennt man bisher nur aus Science-Fiction. Die Konservierung durch Einfrieren, auch Kryonik genannt, ist aber bereits möglich. Mehrere Firmen weltweit bieten Kryonik als Service für Verstorbene an, mit der Hoffnung, dass diese durch zukünftige Technologien aufgetaut und wiederbelebt werden können. Ob sich diese Hoffnung bewahrheitet, wird sich in Zukunft herausstellen. Das Auffinden des 24.000 Jahre alten Bdelloiden hat die Wissenschaft jedenfalls einen Schritt näher zur Antwort gebracht. 

Current biology, doi: 10.1016/j.cub.2021.04.077

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