Robert Klatt
Russland möchte für den Einsatz in der Landwirtschaft bis 2027 30 genetisch veränderte Organismen erzeugen, für deren Entwicklung ein mit 1,5 Milliarden Euro finanziertes Forschungsprogramm geschaffen wurde. In den USA sind per CRISPR optimierte Lebensmittel bereits auf dem Markt, in der EU ist dies durch ein Urteil im Jahr 2018 verboten worden.
Moskau (Russland). Laut einem Artikel des wissenschaftlichen Fachmagazins Nature News möchte Russland in den kommenden Jahren durch den Einsatz der umstrittenen Genschere CRISPR die kommerzielle Landwirtschaft des Landes verändern. Ein neues von der Regierung mit 1,5 Milliarden Euro finanziertes Forschungsprogramm soll dazu bis 2027 30 genetisch verbesserte Organismen entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel Gerste, Weizen, Zuckerrüben und Kartoffeln, deren Eigenschaften durch Veränderung der Gene für die Landwirtschaft optimiert werden sollen.
Die Verordnung, die bereits Ende April verabschiedet wurde, sieht neben der Finanzierung des Forschungsprogramms auch eine neue Definition von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) vor. Eigentlich ist deren Herstellung bereits seit 2016 in Russland außer zu Forschungszwecken vollständig verboten. Nun wurde durch die neue Verordnung festgelegt, dass Techniken wie die Genschere CRISPR davon nicht betroffen sind und mit herkömmlichen Zuchtmethoden gleichgestellt werden.
Russland unterscheidet damit zwischen genetisch veränderten Organismen, bei deren Herstellung artfremde Gene eingeschleust werden und genetische Optimierungen, die zum Beispiel durch die Methode CRISPR ohne das Hinzufügen weiterer artfremder Gene erzeugt werden können.
In den USA ist die Gesetzessituation ähnlich, da auch dort genetisch veränderte Pflanzen ohne fremde DNA nicht durch die Gentechnikrichtlinien reglementiert werden. Lebensmittel, bei denen per CRISPR veränderte Pflanzen verwendet werden, sind in den USA bereits im Handel erhältlich.
In der EU ist der Einsatz von CRISPR deutlich strenger reguliert. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom Juli 2018 sind aktuell auch Techniken wie CRISPR, bei denen keine transgenen Organismen erzeugt werden, durch die bestehenden Gentechnikrichtlinien reglementiert. Rechtlich sind sie somit gleichgestellt mit genetisch veränderte Organismen, die über artfremde Genen verfügen. Das Gericht begründet das strenge Urteil mit dem vorbeugenden Schutz der Gesundheit der Menschen, die ansonsten die per CRISPR optimierten Pflanzen konsumieren würden.
Bei Biologen und anderen Wissenschaftlern stößt die Entscheidung der Richter auf Ablehnung, da durch den Einsatz von CRISPR bei Pflanzen lediglich Vorgänge beschleunigt werden, die ansonsten durch herkömmliche Zuchtmethoden wesentlich langwieriger, unpräziser und dazu noch kostenintensiver zu erreichen sind. Besonders in Zeiten des Klimawandels und des Explosiven Wachstums der Weltbevölkerung sieht eine Vielzahl von Wissenschaftlern, darunter auch Christiane Druml, Vorsitzende der österreichischen Bioethikkommission durch die gezielte Ausschaltung vorhandener Gene und die dadurch ausgelösten Mutationen große Chancen darin, die Lebensmittelversorgung durch die Erzeugung ertragreicherer und anspruchsloserer Pflanzen sicherzustellen.