Robert Klatt
In Costa Rica wurde erstmals eine Jungfernzeugung (Parthenogenese) bei einem Spitzkrokodil (Crocodylus acutus) beobachtet. Obwohl das Krokodil keinen Kontakt zu einem Männchen hatte, produzierte es ein Jungtier, das ein Klon seiner Mutter ist.
Blacksburg (U.S.A.). Eine Jungfernzeugung (Parthenogenese) ist eine eingeschlechtliche Fortpflanzung, bei der Tiere Nachwuchs ohne sexuelle Fortpflanzung produzieren. Bisher wurde die Parthenogenese bei Wirbeltieren, darunter Vögel, Knorpelfische, Schlangen und Echsen, nur selten beobachtet. Deutlich häufiger kommt die Jungfernzeugung bei wirbellosen Tieren wie Insekten und Krebsen vor.
Biologen des Virginia Polytechnic Institute and State University (Virginia Tech) um Warren Booth haben laut einer Publikation im Fachmagazin Royal Society Biology Letters nun erstmals Parthenogenese bei einem Spitzkrokodil (Crocodylus acutus) in Costa Rica beobachtet.
„Dieses Krokodil kam im Alter von zwei Jahren in den Park und wurde ihr gesamtes bisheriges Leben von anderen Krokodilen getrennt gehalten.“
Die Tierpfleger waren am 17. Januar 2018 sehr erstaunt, als sie ein Nest mit vierzehn Eiern im Lebensraum des Krokodilweibchens entdeckten. Sieben aus diesen vierzehn Eiern schienen eine Befruchtung erfolgreich durchlaufen zu haben, weshalb sie für einen Zeitraum von drei Monaten in einen Inkubator gelegt wurden. Während sechs dieser Eier keine weitere Entwicklung zeigten, enthielt das siebte Ei ein ausgewachsenes Jungtier. Obwohl dieses weibliche Krokodiljunge aufgrund einer Anomalie nicht lebensfähig war, war es dennoch vollständig ausgereift.
Anschließend untersuchten die Biologen die DNA des Krokodiljungen, um zu verifizieren, dass die Mutter nicht doch von einem männlichen Krokodil befruchtet wurde. Dabei stellten sie fest, dass das Jungtier und die Mutter zu über 99 Prozent genetisch gleich sind. Gene eines zweiten Krokodils konnten hingegen nicht entdeckt werden. Dies ist ein Beleg dafür, dass tatsächlich eine Parthenogenese vorliegt.
„Damit liefern unsere Ergebnisse einen ersten und substanziellen Beleg für die Parthenogenese bei einem rezenten Archosaurier, dem Spitzkrokodil.“
Dieser Fund ermöglicht einen neuen Blickwinkel auf die potenziellen Ursprünge dieser Fortpflanzungstechnik bei höheren Wirbeltieren. Es handelt sich hierbei um das erste dokumentierte Ereignis, das zeigt, dass Parthenogenese auch im zweiten großen Abzweig des Archosaurier-Stammbaums existiert. Dieser Abzweig umfasst sowohl Krokodile als auch Flugsaurier, Dinosaurier und ihre heutigen Nachkommen, die Vögel. Dieser Befund lässt darauf schließen, dass die Basiskapazität für eine jungfräuliche Fortpflanzung möglicherweise bereits in den gemeinsamen Ahnen der Archosaurier vorhanden war.
Royal Society Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2023.0129