Robert Klatt
Ein parasitärer Pilz verwandelt Spinnen in „Zombies“. Die infizierten Spinnen klettern an die Decke und sterben dort. Der Pilz kann dadurch seine Sporen besser verbreiten.
Wallingford (England). Forscher haben 2021 bei Dreharbeiten für eine Dokumentation in Nordirland eine Spinne entdeckt, auf der sich ein auffälliger Pilz befand. Nun haben Wissenschaftler des Centre for Agriculture and Bioscience International (CABI) untersucht, um welche Spinne und um welchen Pilz es sich handelt.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Fungal Systematics and Evolution ist der Pilz eine zuvor nicht bekannte Art aus der Familie der Kernkeulenverwandten (Cordycipitaceae) und der Gattung Gibellula. Diese Gattung umfasst parasitäre Pilze, die Spinnen befallen. Der neuentdeckte Pilz hat den Namen „Gibellula attenboroughii“ erhalten. Die infizierte Spinne ist eine Radnetzspinne (Metellina merianae) aus der Familie der Streckerspinnen (Tetragnathidae).
Die Forscher haben zudem untersucht, ob es sich bei dem Exemplar um einen Einzelfall handelt oder ob der Parasitismus oft auftritt. Dazu haben sie in Höhlen in Nordirland und Irland gesucht und weitere Fälle von Gibellula attenboroughii auf Radnetzspinnen und großen Höhlenspinnen (Meta menardi) entdeckt, also zwei Spinnenarten, die normalerweise in Höhlen leben.
Die infizierten Spinnen befanden sich alle an den Decken oder den Wänden der Höhlen, obwohl sie normalerweise in Felsspalten auf dem Boden oder in ihrem Netz sitzen. Laut den Wissenschaftlern zeigt dies, dass die Spinnen von den Pilzen in „Zombies“ verwandelt wurden und zum Sterben an eine andere Stelle gewandert sind. Die Pilze können dadurch ihre Sporen besser über die Höhlen verteilen. Dieses Verhalten war bisher nur bei parasitären Pilzen aus der Gattung Ophiocordyceps bekannt, darunter ein Pilz der Raupen infiziert und tötet.
Außerdem haben die Forscher untersucht, ob die Pilzart in Großbritannien verbreitet ist. Sie haben dazu wissenschaftliche Aufzeichnungen und historische Dokumente untersucht und dabei zwei Spinnenparasiten entdeckt. Diese waren jedoch der Gattung Torrubiella zugeordnet, obwohl sie zur Gattung Gibellula gehören. In Großbritannien sind nun somit insgesamt drei Arten aus der Pilzgattung Gibellula bekannt, die Spinnen befallen. Ob die Pilze dazu Botenstoffe nutzen oder andere Prozesse ablaufen, sollen weitere Studien untersuchen.
„Ihre Rolle in der Dynamik der Spinnenpopulationen muss weiter untersucht werden, ebenso wie die von ihnen produzierten Metaboliten, die es ihnen ermöglichen, eine solche hochspezifische ökologische Nische auszunutzen.“
Fungal Systematics and Evolution, doi: 10.3114/fuse.2025.15.07