Conny Zschage
Bienen gibt es in vielen Formen und Farben. Allein in Deutschland gibt es 560 Wildbienenarten. Am bekanntesten in die Honigbiene, weitverbreitet sind aber auch die schwarze Holzbiene, die Wespenbiene oder die Pelzbiene. Abgesehen vom Aussehen gibt es aber kaum große Unterschiede. Doch die in Südafrika vorkommende Kapbiene sticht durch eine beeindruckende Eigenschaft hervor. Sie kann sich klonen.
Stellenbosch (Südafrika). Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine normale Honigbiene: die Kapbiene. Doch in einem Punkt unterscheidet sie sich drastisch von ihrer europäischen Schwester. Die Fortpflanzung bei der Kapbiene ist einzigartig. Bei der Honigbiene legt (wie bei den meisten Bienenarten) nur die Königin Eier. Diese können von Männchen befruchtet sein, müssen aber nicht. Aus den befruchteten Eiern schlüpfen Weibchen (Arbeiterinnen), aus den unbefruchteten Eiern Männchen (Drohnen). Die einzige Aufgabe der Männchen ist das Begatten der Königin.
Bei der Kapbiene können auch die Arbeiterinnen Eier legen. Aus den unbefruchteten Eiern schlüpfen neue Weibchen. Diese spezielle Form der asexuellen Fortpflanzung wird als Thelytokie bezeichnet. Auch andere Insekten, wie Blattläuse, beherrschen diese Art der Fortpflanzung. Doch Thelytokie hat einen entscheidenden Nachteil: Auch bei der asexuellen Fortpflanzung wird genetisches Material durch Rekombination vermischt. Da sich dasselbe Gen miteinander vermischt, besteht normalerweise eine hohe Wahrscheinlichkeit für beschädigtes Erbgut. Dadurch wird die Chance für nicht überlebensfähigen Nachwuchs oder auftretenden Behinderungen erhöht.
Eine Forschungsgruppe aus dem Institut für Bienen in Stellenbosch, Südafrika, hat die Kapbiene nun genauer untersucht. Mithilfe ältere konservierter Exemplare konnten sie feststellen, dass das Erbgut der Kapbiene sich in den letzten 30 Jahren nicht verändert hatte. Die DNA einer einzigen Biene wurde also mehrere hundert Millionen Mal reproduziert. Dies bedeutet, dass die Kapbiene in der Lage ist die Rekombination von Genen zu verhindert und perfekte Klone von sich selbst zu erstellen. Es bedeutet auch, dass die Kapbiene innerhalb kürzester Zeit zweimal gravierend mutiert ist. Beim ersten Mal erlangt sie als erste Bienenart die Möglichkeit zur Thelytokie. Durch die zweite Mutation kann sie sich zudem perfekt klonen. Dadurch ist die Kapbiene ist bisher die einzige Tierart, bei welcher bekannt ist, dass sie sich ohne gesundheitliche Folgen klonen kann.
Trotzdem verfügt die Kapbiene wie andere Bienenarten über eine strenge Hierarchie mit Drohnen, Arbeiterinnen und einer Königin an der Spitze. Die Königin ist im Normalfall auch die einzige Biene die Eier legt und pflanzt sich im Normalfall sexuell, also mit Begattung durch Männchen fort. Allerdings ist prinzipiell jede Arbeiterin in der Lage zur Königin zu werden, da jede Kapbiene sich sowohl sexuell als auch asexuell fortpflanzen kann.
Falls der Bienenstock der Kapbiene durch etwas gestört oder angegriffen wird, fangen auch die Arbeiterinnen an Eier zu legen. Dadurch bricht Chaos aus; die Königin verliert ihren Nutzen und die Arbeiterinnen legen Eier, anstatt Nahrung zu besorgen oder sich um den männlichen Nachwuchs der Königin zu kümmern. Nach einer gewissen Zeit ziehen die Kapbienen dann auf der Suche nach einem neuen Bienenstock umher. Falls sie eine neue Kolonie finden, legen sie auch dort Eier, was dafür sorgen kann, dass auch diese Kolonie zerbricht. Dies wird auch als sozialer Parasitismus bezeichnet.
Theoretisch gesehen ist dieses Verhalten jedoch förderlich für die Kapbienen. Auch deshalb rätseln Wissenschaftler darüber, warum sich die sexuelle Fortpflanzung gegenüber der asexuellen Fortpflanzung durchgesetzt hat. Insgesamt ist die asexuelle Fortpflanzung vorteilhafter für eine Art, da sie unabhängig von einem Partner geschehen kann. Die Studie zur Kapbiene, welche in der Fachzeitschrift The Royal Society veröffentlicht wurde, könnte dabei helfen die Vor- und Nachteile von asexueller Fortpflanzung bei eigentlich sexuellen Lebewesen besser zu verstehen.
The Royal Society, doi: 10.1098/rspb.2021.0729