Robert Klatt
In der Wüste Dasht-e Lut im Iran gibt es Temperaturen von über 80°C. Trotzdem entdeckten Wissenschaftler dort eine neue Art süßwasserlebender Krebse.
Stuttgart (Deutschland). Dasht-e Lut im Südwesten des Irans ist mit einer Fläche von 51.800 km² die zweitgrößte Wüste des Landes. Laut Satellitenmessungen wurde dort mit 80,8°C die bisher höchste Oberflächentemperatur der Erde nachgewiesen. Im Mittel beträgt die Temperatur in der Wüste, die auch als Lut bezeichnet wird und die größer als die gesamte Schweiz ist, im Sommer 50,4°C. Ursächlich dafür ist das sehr dunkle Gestein, das durch die Sonne besonders stark aufgeheizt wird.
Trotz dieser enormen Hitze und des Niederschlags von nur 30 mm pro Jahr führt der stark salzhaltige Fluss Rud-e Shur während des gesamten Jahres Wasser. Permanente Süßwasserquellen existieren in der Wüste hingegen nicht. Wissenschaftler der Universität Teheran und des Naturkundemuseums in Stuttgart konnten 2017 während einer Expedition trotz dieser lebensfeindlichen Bedingungen Feenkrebse beobachten. Diese auch als Urzeitkrebse bekannten Tiere entdeckten die Forscher in einem Süßwasser-Tümpel, der sich im Frühling nach starken Regenfällen kurzzeitig bildete.
Wie Hossein Rajaei vom Naturkundemuseum Stuttgart erklärt, „war die Entdeckung der Krebse in der sonst sehr heißen und trockenen Umgebung für uns Wissenschaftler wirklich eine Sensation.“ In Zusammenarbeit mit Dr. Martin Schwentner vom Naturhistorischen Museum Wien haben die Forscher laut einer Publikation im Fachmagazin Zoology in the Middle East nun bestimmt, dass es sich bei den süßwasserlebenden Krebsen um eine bisher unbekannte Art handelt.
Namensgeber der Krebsart Phallocryptus fahimii ist der iranische Biologe und Umweltschützer Hadi Fahimi, der 2017 Teilnehmer der Expedition war und inzwischen bei einem Flugzeugunglück verstorben ist. Laut Schwentner unterscheidet sich Phallocryptus fahimii sowohl genetisch als auch vom Aussehen deutlich von den zuvor bekannten Feenkrebs-Arten. Diese Krebse sind dafür bekannt, seit Urzeiten auch in sehr unwirtlichen Lebensbedingungen wie ständig austrocknenden Gewässern überleben zu können.
Die Studienautoren geben deshalb davon aus, dass Phallocryptus fahimii in der wasserarmen Wüste durch eine spezielle Überlebensstrategie überdauern kann. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um widerstandsfähige und trockenheitsresistente Eier. Laut Schwentner „sind diese sogenannten Dauereier auch von anderen Arten bekannt und man weiß, dass sie Jahrzehnte im ausgetrockneten Boden überleben können.“
Larven der Krebs schlüpfen dann, wenn die Gewässer sich nach starken Regenfällen erneut mit Wasser füllen. Die Geschlechtsreife erreichen Feenkrebs bereits nach etwa zwei Wochen. Die Tiere können so neue Dauereier ablegen, bevor ihr Lebensraum erneut austrocknet. Schwentner konstatiert, dass „sie somit bestens an das Leben in Wüsten angepasst sind und dass ihr Überleben in der Wüste Lut noch mal zeigt, wie widerstandsfähig diese Dauereier sind.“
Zoology in the Middle East, doi: 10.1080/09397140.2020.1805139