Robert Klatt
Das neuentdeckte Atmungsorgan besteht aus feinen Blutgefäßen unter der Haut des Kopfes und ermöglicht es den Schlangen aus dem Wasser Sauerstoff zu filtern.
Adelaide (Australien). Die Wissenschaft ist bisher davon ausgegangen, dass Seeschlangen (Hydrophiinae), die hauptsächlich in den Tropen vorkommen und dort in Seegraswiesen und Korallenriffen leben, zum Atmen an die Oberfläche kommen müssen. Trotzdem wurden Exemplare der Streifenruderschlange (Hydrophis cyanocinctus), die über ein potentes Gift verfügt, laut einer im Magazin Australian Ecology veröffentlichten Forschungsarbeit bereits in 245 Metern Wassertiefe angetroffen.
Eine Erklärung für diese enormen Tauchtiefen könnte laut einer Veröffentlichung der Flinders University ein neuentdecktes Organ sein, das es den Reptilien erlaubt auch unter Wasser Sauerstoff zu gewinnen.
Wie Alessandro Palci in der im Fachmagazin Royal Society Open Science publizierten Studie erklärt, haben die Biologen den Kopf der Seeschlangen mithilfe der Röntgenmikrotomografie untersucht und dabei ein unerwartetes Geflecht aus Blutgefäßen und feinen Adern entdeckt, das sich unmittelbar unter der Haut der Schlangen im Bereich der Stirn und Schnauze befindet.
Es handelt sich dabei um ein Atmungsorgan, dass es den Schlangen ermöglicht im Wasser zusätzlichen Sauerstoff aufzunehmen und so die Tauchgänge zu verlängern. Aufgrund der Position der Blutgefäße, die ausschließlich im Kopf vorhanden sind, vermuten die Forscher, dass der gewonnene Sauerstoff vor allem für die Versorgung des Gehirns benötigt wird.
Das Prinzip des Atmungsorgans ist vergleichbar mit Kiemen. Es gibt laut Palci zwar deutliche Unterschiede im Aufbau, die Funktion ist aber laut dem Hauptautor der Studie trotzdem identisch, da sowohl Kiemen als auch das Seeschlangen-Atmungsorgan große Flächen bilden, die es den Gefäßen ermöglichen effizient Sauerstoff aus dem Wasser zu filtern.
Kate Sanders konstatiert, dass „die Ergebnisse zeigen, dass sich Seeschlangen erfolgreich an die marine Lebensweise angepasst, unter anderem dadurch, dass sie Sauerstoff über die Haut aufnehmen können.“ Weitere Studien sollen nun untersuchen, wie viel Sauerstoff die Tiere über das Atmungsorgan aufnehmen können und wie lange sie dadurch ihre Aufenthalte unter Wasser ausdehnen können.
Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.191099