Aminosäuren und Peptide

Biologisch abbaubares Glas entwickelt

Robert Klatt

Biologisch abbaubares Glas (Symbolbild) )kcotS ebodAmoc_oknerakhcis(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Gläser aus Quarzsand, Metallen oder Acryl sind können biologisch kaum abgebaut werden und können deshalb zu Umweltproblemen führen
  • Nun haben Forscher ein biomolekulares Glas aus Aminosäuren und Peptiden mit den mechanischen, optischen und chemischen Eigenschaften von herkömmlichem entwickelt
  • Das neue Bioglas wird in in der Natur und im Körper schnell abgebaut und eignet sich etwa als Material für temporäre orthopädische Implantate

Ein neu entwickeltes biomolekulares Glas ist transparent und stabil, kann aber trotzdem im Körper oder in der Natur biologisch abgebaut werden.

Peking (China). Herkömmliche Gläser aus Quarzsand, Metallen oder Acryl sind stabil, optisch transparent und gegenüber chemischen Einflüssen beständig. Typisch für Glas ist eine amorphe Struktur, die entsteht, wenn das geschmolzene mineralische oder organische Rohmaterial so schnell abgeschreckt wird, dass es nicht auskristallisieren kann und in einem quasi flüssigen Zustand erstarrt. Problematisch ist jedoch, dass Glas bisher kaum biologisch abgebaut werden kann. Dies kann vor allem bei Gläsern aus Metallen zu Umweltproblemen führen.

Helfen könnten hier Peptide, Proteine und anderen Biomolekülen, die jedoch nicht ausreichend hitzebeständig sind. Forscher der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) haben dieses Problem nun gelöst. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science Advances hat das Team um Ruirui Xing ein biologisches Glas hergestellt, das die mechanischen, optischen und chemischen Eigenschaften von herkömmlichem Glas besitzt.

Glas aus Peptiden und Aminosäuren

Das neu entwickelte Glas besteht aus Peptiden und Aminosäuren, die chemisch leicht verändert wurden, damit sie hitzebeständiger sind. Die chemische Modifikation ermöglicht es, die biologischen Materialien zu schmelzen, ohne dass diese denaturieren.

„Durch genaue Kontrolle der Erwärmungs- und Abkühlungsraten konnte die Flüssigkeit zu Glas abgeschreckt werden, ohne dass eine Kristallisation eintrat.“

Ein Teil der so produzierten Biogläser, dessen amorph strukturierter Feststoff dem mineralischen Glas sehr ähnlich ist, war sogar weniger zerbrechlich als manche Metallgläser und als Acrylglas.

Biomolekulares Glas
Biomolekulares Glas )nc.saciuriuR GNIX(Foto: ©

Hohe optische Durchlässigkeit

Zudem war ein Großteil der biologischen Gläser transparent für Licht im ultravioletten, sichtbaren und infraroten Bereich sowie farblos.

„Die von uns entwickelten Gläser haben eine optische Durchlässigkeit von bis zu 90 Prozent, was sogar über der von Glas in vielen kommerziellen Anwendungen liegt.“

Alternativ kann das biologische Glas außerdem wie normales Glas mit unterschiedlichen Farbstoffen eingefärbt werden und es lassen sich Floreszenzen mit ihm erzeugen.

Bioglas wird im Körper abgebaut

Obwohl das Bioglas thermisch und mechanisch stabil ist, kann es laut Experiemten in der Natur vollständig abgebaut werden.

„Glas aus Acetyl-Aminosäuren wurde in einer Kompostierungsanlage innerhalb von drei Wochen zersetzt.“

Zudem belegen Tests mit Mäusen, dass das biomolekulare Glas auch in biologischen Geweben abgebaut wird. Glaskügelchen, die den Tieren in Muskeln und Haut implantiert wurden, wurden innerhalb von Wochen erst weich und dann immer kleiner, bis sie komplett verschwanden. Dieser biochemische Prozess löste weder eine Abstoßungsreaktionen noch eine Entzündung aus. Das Bioglas eignet sich also auch als Material für orthopädische Implantate, die nur kurzzeitig im Körper bleiben sollen.

Umweltfreundliches Glas

Laut den Forscher kann das biomolekulare Glas entscheidend zu mehr Nachhaltigkeit beitragen und neue Möglichkeiten eröffnen, die die biologische Welt und das Material in Einklang bringen.

„Unser Glasmaterial repräsentiert damit einen entscheidenden Schritt hin zur Entwicklung umweltfreundlicher Gläser aus biologischen Ausgangsstoffen. Unsere in-vitro- und in-vivo-Experimente belegen, dass diese biomolekularen Gläser biokompatibel, kompostierbar, biologisch abbaubar und biorecycelbar sind.“

Nun wollen die Forscher Methoden entwickeln, mit denen das Bioglas im größeren Maßstab produziert werden kann.

„Noch ist unser biomolekulares Glas erst im Laborstadium, bis zu einer Kommerzialisierung in großem Maßstab ist es daher noch ein weiter Weg.“

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.add8105

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