Dennis L.
In einem umfangreichen Experiment haben Forscher das perfekte Espresso-Rezept ermittelt. Mit etwas weniger Kaffee und einer minimal gröberen Mahlung als üblich optimiert man nicht nur die Ausbeute, sondern auch den Geschmack des Espressos.
Portsmouth (England). Es klingt ein wenig absurd, aber wer einen perfekten Espresso zubereiten möchte, sollte etwa ein Viertel weniger Kaffee und eine etwas gröbere Mahlung als empfohlen nehmen. Diese Kombination aus der ermittelten Kaffeemenge und Pulvergröße sorgt dafür, dass sich das Aroma perfekt im Wasser verteilen kann und vermeidet Verklumpungen im Pulver, die einen negativen Einfluss auf den Geschmack haben. Die optimierte Espresso-Zubereitung hat laut den Forschern noch einen weiteren Vorteil: Sie sorgt für eine einheitlichere Qualität und reduziert den Kaffeeverbrauch.
Kaffee gehört mit zu den beliebtesten Getränken auf der Welt. Ganz gleich ob pur getrunken, als Cappuccino oder Latte Macchiato – er schmeckt nicht nur gut und macht wach, er besitzt auch einen positiven Effekt auf den Körper. So konnten beispielsweise zahlreiche Studien nachweisen, dass alleine der Duft des Kaffees Einfluss auf mathematische Leistungsfähigkeit hat, dass Kaffeekonsum das Leben verlängern kann und das Kaffee beim Abnehmen hilft.
Neben den zahlreichen Kaffee-Studien gibt es nun erstmals eine Studie, die sich nicht mit den Auswirkungen auf den Körper, sondern mit dem optimalen Geschmack und der perfekten Zubereitung von Espresso beschäftigt. „Der weitläufigen Meinung nach sollte man den Kaffee feiner mahlen, wenn man einen stärkeren, vollmundigeren Geschmack möchte. Denn je feiner die Bohnen sind, desto mehr Oberfläche besitzen sie“, erklärt Jamie Foster von der University of Portsmouth. Dies sorgt dafür, dass mehr Aromastoffe aus dem Kaffeepulver in das Wasser gelangen.
Beim Espresso werden die typischen Aromastoffe in einem Zeitraum zwischen 20 und 30 Sekunden freigesetzt. Dazu strömt heißer Wasserdampf in der Espressomaschine unter hohem Druck durch das fein gemahlene und verdichtete Kaffeepulver. Damit der Espresso später nicht bitter oder sauer, sondern vollmundig und ausgewogen schmeckt, sollte neben der wissenschaftlichen Rezeptur für die Zubereitung auch eine entsprechend qualitativ hochwertige Espressomaschine benutzt werden.
Die Specialty Coffee Association empfiehlt für ein ideales Aroma zwischen sieben und neun Gramm Kaffeepulver für eine Tasse mit 20 bis 30 Gramm Espresso. Coffeeshop-Barista nutzen zum Vergleich häufig rund 20 Gramm Kaffeepulver für eine Tasse mit 40 Gramm Espresso.
Ein interdisziplinäres Team aus Baristas, Chemikern und Mathematikern hat nun geprüft, ob es das Rezept für den perfekten Espresso wirklich gibt. Dazu haben sie ein Modell und verschiedene Tests entwickelt, um herauszufinden, wie Mahlgrad und die Menge des verwendeten Kaffeepulvers die Löslichkeit der Aromastoffe beeinflussen und wie sich das Ergebnis auf den Geschmack der Espressi auswirken.
Das Ergebnis hat die Experten wie auch die Forscher überrascht, denn entgegen der weitläufigen Meinung, sorgt feiner gemahlenes Kaffeepulver nicht auch für einen aromatischeren Espresso. Das Gegenteil ist sogar der Fall, denn der Espresso schmeckte in den Tests häufig bitter oder sogar sauer. „Das tritt typischerweise auf, wenn einige Aromen übermäßig extrahiert wurden, andere hingegen zu wenig“, erklären die Forscher in ihrer Studie, die sie im Fachjournal Cell veröffentlichten. Neben dem schlechteren Geschmack zeigten die Versuche zudem, dass die Qualität der Espressi bei recht feiner Mahlung stark schwankte.
Der negative Espresso-Geschmackstest hat die Forscher vor die Frage gestellt, warum das koffeinhaltige Heißgetränk nicht so vollmundig schmeckt wie es sollte. Simulationen am Computer haben gezeigt, dass sehr fein gemahlenes Kaffeepulver während des Brühvorgangs zum Verklumpen neigt. „Das Wasser kann durch diese verklumpten Bereiche im Pulver nicht hindurchströmen. Einige Teile des Kaffeepulvers blieben sogar völlig trocken“, erklärt Foster.
Dies hat zur Folge, dass der heiße Wasserdampf sehr unregelmäßig durch das Kaffeepulver gepresst wird, wodurch nicht alle im Pulver enthaltenen Aromastoffe an das Wasser übertragen werden können. Hinzu kommt, dass das Wasser durch die Verklumpung an einigen Stellen zu lange in Kontakt mit dem Kaffeepulver stehen. Beide Faktoren sind maßgeblich für den Geschmack des Espressos verantwortlich.
Nachdem die Forscher die Ursache für den ungewollten Geschmack lokalisiert haben, begann die Suche nach einer Möglichkeit die Espressi zu perfektionieren. Um stets ein gleichmäßiges und optimales Aroma zu erhalten, musste man die Verklumpung des Pulvers verhindern und dem Wasser dennoch eine möglichst große Oberfläche anbieten.
Zahlreiche Tests und Simulationen haben gezeigt, dass für den perfekten Espresso der Kaffee nicht feiner als auf Stufe 1,7 gemahlt sein sollte – besser sogar noch ein Hauch gröber. Die Forscher empfehlen Barista zudem nur 15 Gramm, anstatt den üblichen 20 Gramm zu nehmen. „Es klingt zwar paradox, aber so bekommt man effizient, gleichmäßig gute Shots“, erläutert Koautor der Studie Christopher Hendon von der University of Oregon. Die optimierte Zubereitung hat noch einen weiteren Vorteil: Es wird weniger Kaffeepulver verbraucht was wiederum Ressourcen und Geld spart.
Jedoch betonen alle an der Studie beteiligten Personen, dass der optimale Espressogeschmack sehr subjektiv ist. „Wir können nur die Variablen aufzeigen, welche Einfluss auf den Geschmack nehmen“, sagt Hendon abschließend.
Cell, doi: 10.1016/j.matt.2019.12.019