Robert Klatt
Wissenschaftler haben erstmals ein vollständig biologisch abbaubares Display produziert. Denkbar ist die Verwendung in der Medizin, wo die Displays in Sensoren integriert werden könnten, um sie nach einmaliger Nutzung zu kompostieren.
Karlsruhe (Deutschland). Die stetig zunehmende Integration elektronischer Komponenten in Gebrauchsgegenstände und neue Technologien wie das Internet der Dinge (Iot) werden in den kommenden Jahren für noch mehr Elektroschrott sorgen. Dies ist besonders im Anbetracht der geringen Recyclingquote von 15,8 Prozent in Deutschland kritisch. Neben der Verlängerung der Lebenszyklen sucht die Wissenschaft deshalb auch nach nachhaltigen Alternativen, die Ressourcen sparen und Abfall vermeiden, um die Umwelt zu schonen.
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun erstmals ein Display produziert, dessen Bioabbaubarkeit durch ein unabhängiges Institut verifiziert wurde.
Manuel Pietsch, Erstautor der Publikation und Forscher des Lichttechnischen Instituts (LTI) des KIT am InnovationLab in Heidelberg: „Unsere Entwicklung konnte zum ersten Mal zeigen, dass es möglich ist, nachhaltige Displays aus überwiegend natürlichen Materialien mithilfe industriell relevanter Fertigungsmethoden herzustellen. Sie tragen nach Gebrauch daher nicht zum Elektroschrott bei, sondern können im Gegenteil kompostiert werden. Dies könnte in Kombination mit Recycling und Wiederverwendbarkeit dazu beitragen, einige der Umweltauswirkungen von Elektroschrott zu minimieren oder ganz zu verhindern.“
Laut der Publikation im Journal of Materials Chemistry arbeitet das Display mit dem elektrochromen Effekt des organischen Materials. Unter Spannung sorgt dieser Effekt für eine Veränderung der Lichtaufnahme und damit zu einer anderen Farbe des Displays.
Im Vergleich zu herkömmlichen LEDs und LCDs ist die Bauteilarchitektur elektrochromer Displays deutlich simpler. Die Herstellung ist deshalb per Tintenstrahldruckverfahren möglich. Prinzipiell wäre somit eine individuelle Produktion maßgeschneiderter Displays in einem industriellen Rahmen kostengünstig und materialeffizient möglich. Überdies ist auch der Stromverbrauch elektrochromer Displays geringer.
Die Entwickler sehen Einsatzmöglichkeiten des Displays vor allen in der Lebensmittelindustrie und in der Medizin. Denkbar ist die Integration als Indikator für Sensoren oder zur Anzeige einfacher Informationen. In Bereichen, in denen die Hygiene sehr wichtig ist, müsste das Display nach dem Einsatz somit nicht aufwendig gereinigt werden, sondern könnte einfach kompostiert werden. Es wäre somit möglich höchste Hygienestandards einzuhalten, ohne dass dabei weiterer Elektroschrott entsteht.
Im Lebensmittelbereich könnte das Display in Kombination mit qualitätsüberwachende Sensoren, die die Haltbarkeit zeigen, verwendet werden. Dank des digitalen Druckverfahrens ist eine individuelle Anpassung an die jeweilige Verpackung ohne komplexe Prozessumgestaltung möglich.
Gerardo Hernandez-Sosa, Leiter der Printed Electronics Group des LTI am InnovationLab in Heidelberg: „Die, soweit uns bekannt, erste Demonstration eines tintenstrahlgedruckten, biologisch abbaubaren Displays, kann daher zu nachhaltigen Innovationen in weiteren elektronischen Bauteilen ermutigen und damit den Weg zu umweltfreundlicherer Elektronik ebnen.“
Journal of Materials Chemistry, doi: 10.1039/d0tc04627b