Robert Klatt
Ein neues Verfahren erzeugt mithilfe eines Katalysators aus Ruthenium-Nanopartikeln in nur einer Stunde aus dem Kunststoff Polyethylen Kerosin.
Seattle (U.S.A.). In Deutschland liegt die Recyclingquote von Plastikmüll bei nur 16 Prozent. Auch in vielen anderen Ländern wird ein Großteil des Plastiks nicht recycelt, sondern thermisch verwertet oder landet sogar in der Umwelt. Dies liegt vor allem daran, dass chemische Verfahren, mit denen gemischtes Plastik wiederverwertet werden könnte, fehlen. Auch bei sortenreinen Kunststoffen gibt es bisher nur wenige Recyclingmethoden.
Wissenschaftler der Washington State University (WSU) haben nun ein neues Verfahren vorgestellt, das aus Plastikmüll den Flugzeugkraftstoff Kerosin erzeugt. Laut der Publikation im Fachmagazin Chem Catalysis hat das Team um Hongfei Lin bereits sehr Jahren mit kohlenstoffhaltigen Katalysatoren experimentiert, die Kunststoffe wie Polyethylen chemisch in kürzere Kohlenwasserstoffketten spalten. Bisher waren für diesen Prozess aber noch hohe Temperaturen und eine lange Reaktionszeit nötig.
Der optimierte Prozess benötigt hingegen nur eine Stunde, um bei einer verhältnismäßig milden Temperatur von 220 Grad Celsius Polyethylen zu 90 Prozent in Ketten von acht bis 16 Kohlenstoffatomen zu zerlegen. Es handelt sich dabei um Längen, die für Schmiermittel und Kerosin typisch sind. „Die Anwendung dieser Prozesse könnte daher ein vielversprechender Ansatz sein, um hochwertige Produkte aus Abfall-Polyethylen und ähnlichen Polymeren zu erzeugen“, erklärt Lin.
Ermöglicht wird die schnelle Spaltung des Polyethylens durch ein Lösungsmittel, den Zusatz von Wasserstoffgas und einen speziellen Katalysator aus Ruthenium-Nanopartikeln. „Dieser Ruthenium-Katalysator ist dafür bekannt, dass er die C-C-Bindung aufbrechen kann“, erklärt Lin.
Im optimierten Prozess wird zuerst das Polyethylen im organischen Lösungsmittel n-Hexan aufgelöst. Anschließend wird diese Lösung in den Katalysator eingebracht und dort erhitzt, woraufhin das unter 30 Bar Druck stehendes Wasserstoffgas eingeleitet wird. Innerhalb der ersten Stunde werden die Polymerketten des Kunststoffs dabei so effizient gespalten, dass aus 90 Prozent flüssige als Kraftstoff nutzbare Kohlenwasserstoffketten entstehen. „Damit haben wir einen effizienten Hydrolyseprozess demonstriert, der in der flüssigen Phase abläuft und hochdichtes Polyethylen selektiv depolymerisiert“, konstatiert Lin.
In Zukunft könnte die Methode laut den Entwicklern zum Recycling von Plastikabfällen im industriellen Maßstab genutzt werden. Neben Kerosin lassen sich so auch andere Kraftstoffe sowie Schmiermittel und Rohstoffe für die chemische Industrie erzeugen. Der größte Vorteil gegenüber bisherigen Verfahren ist die vergleichsweise geringe Temperatur und der schnelle Ablauf, die den Aufwand und die Kosten geringhalten. „In der Recycling-Industrie sind die Kosten für das Recycling der entscheidende Faktor. Daher ist diese Arbeit ein wichtiger Durchbruch, um diese neue Technologie auf den Weg zur Kommerzialisierung zu bringen“, erklärt Lin.
Chem Catalysis, doi: 10.1016/j.checat.2021.04.002