Lipid-Mesophase

Nicht gefrierendes Wasser entwickelt

Robert Klatt

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Ein neues Nanomaterial verhindert selbst bei minus 263 Grad Celsius, dass Wasser zu Eis wird. Bei der Entwicklung haben die Wissenschaftler sich an Fettmolekülen von Bakterien orientiert, die in sehr kalten Gegenden überleben können.  

Zürich (Schweiz). Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und der Universität Zürich haben eine Methode entdeckt, die dafür sorgt, dass Wasser auch nahe des absoluten Nullpunkts von minus 273,15 Grad Celsius nicht zu Eis gefriert. Verantwortlich dafür ist die Anordnung der Wassermoleküle, die bei flüssigen Wasser ungeordnet sind und erst nachdem Gefrieren zu Eis eine in regelmäßige dreidimensionale Gitterstruktur einnehmen.

Um Wasser zu erzeugen, dass auch bei sehr niedrigen Temperaturen keine festen Eiskristalle bildet, haben die Wissenschaftler eine neue Form von Lipiden (Fettmolekülen) synthetisiert und so ein neues weiches Material hergestellt. Innerhalb der Lipid-Mesophase gleicht das Verhalten der Lipide dem Verhalten natürlicher Fettmoleküle, was dazu führt, dass die Lipide sich zu Membranen vereinen, deren regelmäßige Form ein Geflecht von Nanokanälen mit einem Durchmesser von weniger als einem Nanometer bildet. Die Struktur der Lipid-Mesophase kann durch den Wassergehalt und die Temperatur beeinflusst werden.

Kristallbildung in Nanokanälen nicht möglich

Laut der im Fachmagazin Nature Nanotechnology publizierten Studie bieten die Nanokanäle aufgrund ihres zu geringen Durchmessers keinen ausreichenden Platz zur Kristallbildung. Selbst bei einem Labortest mit minus 263 Grad Celsius kaltem flüssigen Helium bildete die aus chemisch modifizierten Monoacylglycerol bestehende Lipid-Mesophase keine Eiskristalle. Stattdessen wurde das in der Lipid-Mesophase enthaltene Wasser glasartig.

Raffaele Mezzenga, Professor an der ETH erklärt, dass „dafür das Verhältnis von Lipiden zu Wasser entscheidend ist“, da der Wasseranteil bestimmt ab welchen Temperaturen sich die geometrischen Eigenschaften der Lipid-Mesophase anpassen. Im Experiment bildete sich zum Beispiel bei minus 15 Grad Celsius und einem 12 prozentigen Wassergehalt aus dem vormals kubischen Labyrinth der Mesophase eine aus separaten Schichten bestehende Laminatstruktur.

Bakterien als Vorbild der Lipid-Mesophase

Da Lipidmoleküle aus zwei Teilen bestehen, einem hydrophoben (wassermeidenden) und einem hydrophilen (wasserliebenden), sind laut Ehud Landau „bei der Entwicklung die Synthese und Aufreinigung die schwierigsten Schritte.“ Die Struktur des weichen Materials sorgt dafür, dass der hydrophoben Teil einen möglichst geringen Kontakt mit dem enthaltenen Wasser hat, während die Kontaktfläche der hydrophilen Bestandteile maximiert wurde.

Bei der Entstehung haben sich die Forscher an Bakterien orientiert, die ebenfalls aus Lipiden bestehende Membranen produzieren, in denen Wasser eingeschlossen wird. Es handelt sich dabei um eine Anpassung an sehr kalte Lebensräume, die das Gefrieren des in den Mikroorganismen enthaltenen Wassers verhindert.

Isolation von Biomolekülen

In Zukunft sollen die neuen Lipid-Mesophase in der Wissenschaft zum Beispiel bei der Isolation von Biomolekülen helfen, die dann mithilfe der Kryo-Elektronenmikroskopie während sie in der Membran gespeichert sind untersucht werden können. Mit dem in der Biologie genutzte Verfahren kann die Struktur von Proteinen und anderen Molekülkomplexen erkannt werden. Bisher zerstört die Bildung von Eiskristallen beim Einfrieren der Moleküle deren Struktur jedoch häufig. Die neue Lipid-Mesophase kann hingegen Moleküle in ihrer ursprünglichen Form konservieren, was die Grundlage für das Einfrieren von Proteinen bei sehr niedrigen Temperaturen geschaffen hat.

Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/s41565-019-0415-0

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