Robert Klatt
Eine optimierte Elektrolyse kann direkt aus salzigem Meerwasser Wasserstoff mit hoher Effizienz gewinnen. In Zukunft könnte das Verfahren in küstennahen Wüstenregionen zur Wasserstoffproduktion verwendet werden.
Tianjin (China). In Zukunft soll grüner Wasserstoff fossile Energieträger als Treibstoff und in vielen Industrieprozessen ersetzen. Weil die Produktion große Mengen an erneuerbaren Energie benötigt, denken Länder wie Deutschland bereits über den Import von Wasserstoff aus Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung nach. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Wuppertal Instituts und des Instituts für Zukunftsenergie und Stoffstromsysteme (IZES) zeigt etwa kürzlich, dass in der Mena-Region (Middle East and North Africa) jährlich etwa 400.000 Terawattstunden an erneuerbaren Energien produziert werden könnten, mit denen dann grüner Wasserstoff erzeugt wird.
Problematisch dabei ist jedoch, dass die elektrochemische Spaltung (Elektrolyse) von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff neben Strom auch möglichst sauberes Wasser benötigt, also eine Ressource, die in Wüstenregionen auch in der Nähe eines Meeres kaum vorkommt. Eine Elektrolyse aus salzigem Meerwasser ist zwar prinzipiell möglich, hat aber nur eine geringe Effizienz.
Wissenschaftler der Tianjin University haben nun im Fachmagazin Nature Energy eine optimierte Elektrolysemethode vorgestellt, die die Effizienz der Gewinnung von Wasserstoff aus salzigem Meerwasser deutlich erhöht.
Bei der Meerwasserelektrolyse reduzierte bisher der hohe Anteil an Chlorid-Ionen die Wasserstoffausbeute, weil die Chlorid-Ionen sich an die positiv geladenen Elektrode anlagerten und dadurch die Anlagerung von Hydroxylgruppen (OH) des Wassers verhinderten. Um diesen Prozess zu unterbinden, konnte man dem Meerwasser große Mengen Kaliumhydroxid hinzugeben. Dies erhöhte den Aufwand und die Kosten der Wasserstoffproduktion aber deutlich.
Die Wissenschaftler um Tao Ling konzipierten deshalb einen Elektrolyseur mit einer Proton-Austausch-Membran (PEM), der dafür sorgt, dass die Effizienz auch bei einem hohen Chloridgehalt im Wasser hoch bleibt. Die Elektrode des Systems besteht aus einem nanostrukturiertem Kobaltoxid, auf dessen Oberfläche sich eine dünne Schicht aus Chromoxid befindet. Das Chromoxid bildet eine Lewissäure, an der sich Elektronenpaare bevorzugt anlagern.
Dies sorgt dafür, dass innerhalb der Elektrolysezelle Hydroxylgruppen die Elektrode einfacher und häufiger erreichen als die problematischen Chlorid-Ionen. Der hohe Salzgehalt des Meerwassers beeinflusst dadurch den Spaltungsprozess der Wassermoleküle nur noch minimal.
Ein Laborprototyp des optimierten PEM-Elektrolyseurs erreichte eine Effizienz von bis zu 40 Liter Wasserstoffgas pro Stunde. Durchgeführt wurde das Experiment mit normalem Meerwasser, das lediglich mit einem Filter von groben Verunreinigungen befreit wurde.
Es ist damit belegt, dass im Labormaßstab durch Lewissäure auf den Elektroden aus salzigem Meerwasser mit nahezu gleicher Effizienz Wasserstoff gewonnen werden kann wie aus gereinigten Meerwasser und salzarmen Trinkwasser. Nun wollen die Forscher ihre Entwicklung auf größere Anlagen skalieren und die Langzeitstabilität erhöhen.
Nature Energy, doi: 10.1038/s41560-023-01195-x