Redox-Moleküle

Rätsel der Selbstentladung bei Lithium-Ionen-Akkus gelöst

Robert Klatt

Selbstentladung bei Lithium-Ionen-Akku )kcotS ebodAollaborj(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Lithium-Ionen-Akkus verlieren mit der Zeit ihre Ladung, selbst wenn sie nicht verwendet werden
  • Verantwortlich dafür ist ein Klebeband aus PET-Kunststoff, das bei Wärme Dimethyl-Terephthalat (DMT) freisetzt und dadurch einen Redox-Shuttle auslöst
  • Wenn man stattdessen ein alternatives Material verwendet, kommt es nicht mehr zur Selbstentladung der Akkus

Lithium-Ionen-Akkus verlieren mit der Zeit ihre Ladung, selbst wenn sie nicht verwendet werden. Forscher haben nun den Grund für diese Selbstentladung entdeckt und eine Lösung für das Problem entwickelt.

Halifax (Kanada). Lithium-Ionen-Akkus haben eine hohe Energiedichte, eine lange Haltbarkeit und ein relativ geringes Gewicht. Leider kommt es bei den Akkus, die zum Beispiel in Elektroautos und Smartphones verwendet werden, zu einem schleichenden Leistungsverlust durch Lithiumablagerungen. Problematisch an Lithium-Ionen-Akkus ist zudem, dass sie mit der Zeit ihre Ladung verlieren, selbst wenn sie nicht in Gebrauch sind.

In der Wissenschaft existiert schon seit langem die Annahme, dass diese Selbstentladung durch ein sogenanntes Redox-Shuttle verursacht wird. Es handelt sich dabei um einen Prozess, bei dem an der Kathode ein elektrochemisch aktives Molekül reduziert wird und ein Elektron aufnimmt. Anschließend wandert das Molekül zur Anode und oxidiert dort unter Elektronenabgabe wieder.

„Für jedes Elektron, das auf diese Weise von der negativen zur positiven Elektrode transportiert wird, bewegt sich auch ein Lithium-Ion dorthin und verursacht so die Selbstentladung.“

Welches Molekül verursacht die Selbstentladung?

Forscher um Sebastian Buechele von der Dalhousie University haben nun untersucht, welches Molekül die Selbstentladung beim Lithium-Ionen-Akkus verursacht und wieso es zu dem molekularen Shuttle kommt.

Laut ihrer Publikation im Journal of The Electrochemical Society haben die Wissenschaftler unterschiedliche Typen von Lithium-Ionen-Akkus detailliert untersucht, darunter auch NMC-Akkus, die in Mobilgeräten verwendet werden. Im Rahmen ihrer Studie setzten sie die Akkus verschiedenen Temperaturen aus, analysierten das elektrochemische Verhalten und die chemische Zusammensetzung der einzelnen Bauteile.

Elektrolyt verfärbt sich bei Wärme

Bei der Analyse entdeckte das Team um Buechele, dass ein normalerweise farbloser Elektrolyt sich immer stärker verfärbte, wenn die Akkus sich erwärmten. Bei einer Temperatur von über 25 Grad Celsius wurde er gelblich, dann orange und bei 70 Grad war er stark dunkelrot. Parallel dazu lieferten die elektrochemischen Messungen Hinweise auf einen aktiven Redox-Prozess. Eine anschließende chemische Untersuchung mithilfe der Gaschromatografie-Massenspektrometrie zeigte, welches Molekül für diese Vorgänge verantwortlich war.

PET-Kunststoff verursachen Redox-Shuttle

Das Ergebnis war laut Buechele überraschend.

„Unseren Experimenten zufolge kommt nur Dimethyl-Terephthalat (DMT) als potenzielles Redox-Shuttle in den Elektrolyten in Frage.“

DMT ist eine organische Verbindung mit einem Benzolring, die die Grundeinheit des Kunststoffs Polyethylen-Terephthalat (PET) bildet. Die Selbstentladung bei Lithium-Ionen-Akkus wird also durch einen Bestandteil des Kunststoffs verursacht.

Es war aber noch unklar, wie der PET-Kunststoff in die Lithium-Ionen-Akkus kommt, weil er in keiner aktiven Akku-Komponenten verbaut wird. Die Wissenschaftler entdeckten schließlich, dass bei vielen Batteriezellen ein Klebeband verwendet, um die Elektrodenschichten zusammenzuhalten, das auf PET besteht, erklärt Michael Metzger.

„Das hätten wir nie erwartet, weil niemand auf diese inaktiven Komponenten achtet. Aber es ist die chemische Zersetzung dieses Klebebands, die das Redox-Shuttle-Molekül erzeugt.“

Die Studie zeigt somit, dass ein einfaches Klebeband die Selbstentladung bei Lithium-Ionen-Akkus auslöst.

Wärme zersetzt Klebeband aus PET-Kunststoff

Wenn der Akku sich erwärmt, kommt es zu einer chemischen Reaktion, die den PET-Kunststoff des Klebebands zersetzt. Dabei wird DMT freisetzt, das zum elektrochemischen Shuttle wird und den Akku langsam entlädt.

„Das ist eine kommerziell bedeutsame Entdeckung. Es ist eine kleine Sache, aber es kann definitiv dabei helfen, Akkus besser zu machen.“

Wenn das PET-Klebeband gegen ein anderes Material ersetzt wird, das kein entladendes DMT freisetzt, kann das Entladeproblem behoben werden. Die Wissenschaftler sind aktuell bereits in Kontakt mit unterschiedlichen Akkuproduzenten.

„Einer der Ingenieure sagte zu mir: Ich habe gehört, dass ihr Jungs ein Problem mit dem PET-Klebeband entdeckt habt‘. Ich erklärte ihm daraufhin, dass dies die Ursache für die Selbstentladung ist, und fragte ihn, was sie in ihren Akkuzellen nutzen. Die Antwort war: PET-Band.“ 

Journal of The Electrochemical Society, doi: 10.1149/1945-7111/acaf44

Spannend & Interessant
VGWortpixel