Robert Klatt
Das Fleisch von Schweinen, die mit Shochu-Rückständen gefüttert wurden, hat einen besseren Geschmack. Dies liegt vermutlich daran, dass der Alkohol den Stress der Tiere reduziert.
Tokio (Japan). Bei der Herstellung des japanischen Shochu können Gerste, Kartoffeln, Reis oder andere stärkehaltige Lebensmittel verwendet werden. Diese werden zuerst mit Schimmel zersetzt, dann mit Hefe fermentiert und schließlich zu einem Alkohol destilliert. Rückstande, die bei der Produktion des Getränks übrigbleibenden, werden aktuell als industrieller Abfall angesehen und oft auf eine Weise entsorgt, die mehr klimaschädliches Kohlendioxid erzeugt.
Eine Studie der University of Tokyo in Kooperation mit dem Kirin Central Research Institute, eine Forschungseinrichtung der japanischen Brauerei Kirin Beer K.K., zeigt nun, dass die Reste der Alkoholproduktion stattdessen dazu verwendet werden können, um Schweine zu füttern. Laut der Publikation im Fachmagazin Food Chemistry gehen die Forscher um Yasuhisa Ano davon aus, dass die Nährstoffe im vergorenen Gerstenabfall möglicherweise den Stress der Tiere verringern können. Dies führt zu einer verbesserten Qualität und einem exquisiteren Geschmack bei Koteletts und Filetstücken.
„Kyushu, im Westen Japans, ist historisch bekannt für die Herstellung von Shochu und seine zahlreichen Schweinefarmen. Wir hoffen, dass kooperative Forschungsprojekte wie unseres direkten Nutzen für die lokale Gemeinschaft und die globale Umwelt bringen können.“
Die Wissenschaftler haben für ihre Studie sechs Schweine mit einer Standarddiät gefüttert, die durch Shochu-Destillationsreste ergänzt wurde. Dabei handelt es sich um eine getrocknete Mischung aus Gerste, Schimmel und Hefe, die nach der Destillation zurückbleibt. Schweine, denen von ihrem dritten bis zum sechsten Lebensmonat Shochu-Rückstände verabreicht wurden, wiesen in ihrem Speichel höhere Mengen an Antikörpern, genannt IgA, auf.
Dies deutet darauf hin, dass die Shochu-Reste die Schweine gesünder hielten als die Standarddiät. Weiterhin hatten Schweine, die Shochu-Rückstände erhielten, niedrigere Stresslevel als Schweine, die die normale Diät mit frischer Gerste erhielten, gemessen an der Menge von Cortisol, einem gängigen Stresshormon, in ihrem Speichel.
Die Forschungsgruppe der Universität Tokyo hat zusätzliche Tests an Mäusen durchgeführt, um die Auswirkungen von Gersten-Shochu-Destillationsresten auf Stress zu untersuchen. Mäuse, die die Destillationsreste einmal direkt vor einem stressigen Ereignis aßen, kehrten schneller zum normalen Verhalten zurück als andere Mäuse. Die Mäuse, die die Shochu-Rückstände aßen, hatten nach dem stressigen Ereignis auch normale Dopaminspiegel in ihren Gehirnen, was auf eine bessere Stressreaktion hinweist.
Um zu überprüfen, ob die Shochu-Rückstände im Tierfutter tatsächlich den Fleischgeschmack verbessern, hat Kirin eine Blindverkostung durchgeführt. Die Probanden urteilten, dass sowohl Koteletts als auch Filetstücke von Schweinen, die mit Shochu-Resten gefüttert wurden, qualitativ hochwertiger als Fleisch von Schweinen, die die Standarddiät hatten. Sie punkteten mit besserem Umami-Geschmack, Zärtlichkeit, Saftigkeit und allgemeinem Aroma. Laut Li from lässt sich der bessere Geschmack nicht durch einen höheren Fettgehalt erklären.
„Wir stellten keinen Unterschied im Gewichtszuwachs der Schweine zwischen den beiden Diäten fest und die Schweine wurden im üblichen Alter von sechs Monaten geschlachtet. Das bedeutet, dass eventuelle Unterschiede in der Fleischqualität nicht aufgrund einer unterschiedlichen Fettmenge zustande kamen.“
Der überlegene Geschmack ist wahrscheinlich auf chemische Unterschiede im Fleisch zurückzuführen. Das Fett aus dem qualitativ hochwertigeren Fleisch schmolz bei niedrigeren Temperaturen, was zu einer köstlichen, auf der Zunge zergehenden Textur führte. Überdies bestand dieses Fett aus einem höheren Anteil an Ölsäure, einer ungesättigten Fettsäure, die in anderen Studien mit verbesserten Werten des gesunden LDL-Cholesterins in Verbindung gebracht wurde.
Food Chemistry, doi: 10.1016/j.foodchem.2020.126488