Robert Klatt
Ein neues Filtermaterial kann „ewige Chemikalien“ (PFAS) nahezu komplett aus Trinkwasser entfernen. Die einfachen Filteranlagen sollen primär in abgelegenen Regionen mit kontaminierten Trinkwasser verwendet werden.
Vancouver (Kanada). Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS), die auch als ewige Chemikalien und Jahrhundert-Gift bezeichnet werden, sind eine komplexe Gruppe von Chemikalien, die vor allem in der Industrie verwendet werden. Inzwischen sind die gesundheitsschädlichen Chemikalien in zahlreichen Produkten, darunter Toilettenpapier, vorhanden. Problematisch an PFAS ist, dass diese nahezu unzerstörbar sind. Forscher der United States Environmental Protection Agency (EPA) haben zwar eine Technik entwickelt, die die ewigen Chemikalien abbauen kann. Diese benötigt aber eine enorme Hitze von 374 Grad Celsius und ist daher sehr energieintensiv.
Forscher der University of British Columbia (UBC) um Dr. Madjid Mohseni haben nun ein innovatives Wasseraufbereitungssystem entwickelt, welches verlässlich und sicher ewige Chemikalien aus dem Trinkwasser entfernen kann. Laut ihnen handelt es sich dabei um einen Meilenstein in der Geschichte der Wasseraufbereitungstechnologie.
„Stellen Sie sich einen Brita-Filter vor, allerdings in einer Ausführung, die tausendmal effizienter ist.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Chemosphere haben die Forscher ein neuartiges Adsorptionsmaterial entwickelt. Dieses Material zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, sämtliche im Wasservorrat vorhandenen PFAS einzufangen und festzuhalten. Anschließend werden die PFAS mittels spezieller elektrochemischer und fotochemischer Verfahren zerstört, die ebenfalls im Mohseni-Labor entwickelt wurden.
„Unser Adsorptionsmaterial fängt bis zu 99 Prozent der PFAS-Partikel ein und kann zudem regeneriert und potenziell wiederverwendet werden. Das bedeutet, dass wir, wenn wir die PFAS von diesen Materialien entfernen, nicht mit noch mehr hochgiftigem Feststoffabfall enden, der eine weitere große Umweltbelastung darstellen würde."
Der Kontakt mit PFAS erfolgt hauptsächlich über Lebensmittel und Konsumgüter. Menschen, die in abgelegene Gegenden mit kontaminierten Wasserquellen leben, konsumieren die problematischen Chemikalien aber auch über ihr Trinkwasser. Das Team um Mohseni möchte deshalb Wasserversorgungslösungen für ländliche, abgelegene Regionen und indigene Gemeinschaften entwickeln.
„Unser Adsorptionsmaterial ist besonders vorteilhaft für Menschen in kleineren Gemeinschaften, die nicht über die Ressourcen verfügen, um die fortschrittlichsten und teuersten Lösungen zur Beseitigung von PFAS einzusetzen. Diese können auch in Form von dezentralen und hausinternen Wasseraufbereitungsanlagen genutzt werden.“
Aktuell arbeitet das Team an Pilotanlagen, die an mehreren Orten in British Columbia installiert werden sollen. Das Ziel dabei ist, weiteres Optimierungspotenzial der Filteranlagen zu finden.
„Die Ergebnisse, die wir aus diesen realen Feldstudien erhalten, werden es uns ermöglichen, die Technologie weiter zu optimieren und sie als Produkte bereitzustellen, die Kommunen, Industrie und Privatpersonen zur Beseitigung von PFAS in ihrem Wasser verwenden können.“
Chemosphere, doi: 10.1016/j.chemosphere.2023.137743