Geflecht aus Molekülen

Weltrekord - Gewebe kaum dicker als ein Atom

Robert Klatt

Nanogewebe unter dem Rasterelektronenmikroskop )retsehcnaM fo ytisrevinU(Foto: © 

Forscher haben mit einem chemischen Verfahren das dünnste Gewebe der Welt erzeugt. Das Geflecht aus kettenförmigen organischen Molekülen ist 10.000-mal dünner als ein Haar.

Manchester (England). Mechanische Verfahren, die per Webstuhl oder Webmaschine Gewebe herstellen, können inzwischen zwar bereits sehr feine Stoffe erzeugen, stoßen bei der Produktion von Geflechten im Molekülmaßstab aber an ihre Grenzen. Wissenschaftler forschen deshalb seit Längerem an neuen Methoden, zur Herstellung von feinsten Geweben, die in der Nanotechnologie benötigt werden.

Einem Team der University of Manchester um David August ist es laut einer Publikation im Fachmagazin Nature nun gelungen, mit chemischen Methoden das weltweit feinste Gewebe herzustellen. Das Geflecht aus kettenförmigen organischen Molekülen, die wie bei einem herkömmlichen Stoff verbunden sind, ist nur vier Nanometer dick. Trotzdem bilden die Moleküle ein regelmäßiges Gewebe, das aus untereinander und übereinander laufenden Fäden besteht.

10.000-mal dünner als ein Haar

Das chemisch erzeugte Nanotextil besteht aus 40 bis 60 Millionen Fäden pro Zoll. Kleidung aus feinen Stoffen liegt im Bereich von 1.500 Fäden pro Zoll. Mit seiner Dicke von nur vier Nanometern ist das Gewebe rund 10.000-mal dünner als ein menschliches Haar.

Schwefelhaltige Kohlenwasserstoffe als Rohstoff

Erzeugt wurde das Gewebe aus schwefelhaltigen Kohlenwasserstoffe (Dithiole). Diese enthalten sowohl starre Elemente aus verknüpften Ringmolekülen als auch flexible Kettenabschnitte. In einer Lösung mit Eisenionen und Tetrafluorborat-Ionen legen sich diese Fäden überkreuz und es bilden sich Abschnitte aus drei mal drei verwobenen Molekülfäden.

Anschließend sorgen die endständigen Schwefelgruppen für eine Verbindung der organischen Fäden. Die einzelnen Flickenteilen bilden dadurch ein größeres Gewebe, das sich am Boden des Laborgefäßes absetzt. Im letzten Schritt werden die Hilfs-Ionen ausgewaschen und es bleibt ein Polymer-Gewebe aus organischen Molekülen zurück.

Molekulare Fäden mit neuen Eigenschaften

Dem Team um August gelang es im Experiment so ein knapp ein Millimeter langes und vier Nanometer dickes Gewebe zu erzeugen.

David Leigh: „Dies ist das erste Beispiel eines molekular verwobenen und geschichteten Stoffes. Molekulare Fäden auf diese Weise zu verknüpfen, schafft Materialien mit neuen und besseren Eigenschaften. Dieses Gewebe ist beispielsweise doppelt so fest wie die unverwebten Stränge und wenn es nachgibt, reißt es wie ein Stoff entlang von geraden Linien.“

Das sogenannte molekulare Weben könnte laut den Forschern in Zukunft zur Herstellung unterschiedlichster Nanomaterialien dienen. Möglich ist zum Beispiel die Produktion feinster Filter.

Nature, doi: 10.1038/s41586-020-3019-9

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