Robert Klatt
Deutschland möchte bis 2045 klimaneutral werden. Dabei könnte die CO₂-Einlagerung unter der Nordsee helfen. Der Meeresgrund kann jährlich mindestens zehn Millionen Tonnen CO₂ aufnehmen und dauerhaft speichern.
Kiel (Deutschland). Die CO₂-Konzentration der Atmosphäre nimmt kontinuierlich zu und ist laut einer Studie der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) aktuell rund zehn Prozent höher als 2004. Der Klimabeirat der Europäischen Union (EU) und weitere Stimmen aus der Wissenschaft fordern deshalb, dass nicht nur die Emissionen reduziert werden sollen, sondern dass auch sogenannte Direct Air Capture (DAC) Techniken, mit denen das Gas aus der Atmosphäre entfernt werden kann, ausgebaut werden müssen.
Das Gas kann anschließend chemisch weiterverarbeitet oder in unterirdischen Speichern eingelagert werden. Dänemark hat bereits 2023 damit begonnen, CO₂-Emissionen unter der Nordsee zu speichern. Deutschland, das bis 2045 klimaneutral werden möchte, hat ebenfalls 2024 die unterirdische CO₂-Einlagerung genehmigt.
Forscher des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) haben deshalb untersucht, ob der Meeresboden der deutschen Nordsee geologische Bedingungen hat, die sich dafür eignen.
Laut dem nun publizierten Zwischenbericht gibt es in der deutschen Nordsee zwei größere Gebiete mit passenden Bedingungen. Am besten sind die Bedingungen im sogenannten Westschleswig-Block, einer Buntsandsteinformation, die in rund 1,6 bis 2,2 Kilometer Tiefe liegt und rund 100 Kilometer lang ist. In der Formation bildet der Buntsandstein eine Wölbung, die eine nahezu perfekte Gasfalle darstellt.
„Der Westschleswig-Block ist geologisch gesehen vermutlich das vielversprechendste Gebiet für die CO₂-Speicherung."
Die Berechnungen zeigen, dass die Poren des Gesteins im Westschleswig-Block zwischen 900 und 5.500 Millionen Tonnen CO₂ aufnehmen können.
Die Studie hat zudem untersucht, wie die CO₂-Einleitung ablaufen könnte.
„In der Startphase wird das flüssige CO₂ per Kesselwagen und kleinen oder mittelgroßen Schiffen zu einem Hub transportiert und anschließend zum Offshore-Speicherort verschifft. In der Vollausbauphase erfolgt der landseitige and seeseitige Transport per Pipeline.“
Laut der Analyse könnte Deutschland mit diesen Techniken rund zehn Millionen Tonnen CO₂ jährlich einlagern.
„Dies ist um einen Faktor von etwa zehn höher als bei den größten derzeit durchgeführten Vorhaben.“
Die Kosten des Projekts inklusive der Bohrungen, der zur Einleitung nötigen Plattformen und der Schiffstransporte liegen laut der Studie beim Westschleswig-Block bei 26 bis 55 Euro pro Tonne CO₂. Sobald die Vollausbauphase abgeschlossen wäre und das CO₂ über Pipelines direkt in das Gestein gepumpt werden kann, würden die Kosten im Westschleswig-Block auf 13 bis 28 Euro pro Tonne CO₂ sinken.
„Die Kosten für die gesamte CCS-Kette liegen deutlich über den hier angegebenen Werten, da sowohl die CO₂-Abtrennung als auch der landseitige Transport sehr aufwendig und teuer sein können.“
Neben den Kosten müssen auch die Umweltauswirkungen durch die unterseeische CO₂-Einlagerung berücksichtigt werden.
„Die wesentlichen Herausforderungen liegen aktuell darin, Vorkehrungen zu treffen, mit denen Leckagen aus dem Speichergestein vermieden werden können.“
Die Studie zeigt jedoch, dass die geologischen Bedingungen im Westschleswig-Block optimal sind, weil das Deckgestein kaum Risse oder Verwerfungen besitzt. Lecks, aus denen das CO₂ austreten kann, sind deshalb sehr unwahrscheinlich. Erdbeben, die durch den hohen Druck des eingeleiteten CO2s entstehen könnten, halten die Forscher ebenfalls für unwahrscheinlich.
„Die geotechnische Analyse der Störungen im Gebiet A weist darauf hin, dass diese induzierten Erdbeben wahrscheinlich nur eine maximale Magnitude von 2 erreichen könnten.“
Zudem zeigt die Studie, dass eine Einleitung des CO2s mit passiv-seismischen Verfahren leise wäre und die in der Nordsee lebenden Tiere, vor allem die Schweinswale, kaum stören dürfte.
„Diese Verfahren verursachen keinen Lärm, so dass Schweinswale nicht beeinträchtigt werden können.“
Laut den Zwischenergebnissen ist eine CO₂-Einlagerung als Maßnahme gegen den Klimawandel also prinzipiell möglich.
„Die Arbeiten haben gezeigt, dass tief unter der deutschen Nordsee ein signifikanter Anteil jener CO₂-Menge gespeichert werden könnte, die in Zukunft in Deutschland abgeschieden werden soll.“
Angesichts der begrenzten Speicherkapazität kann die Maßnahme aber nur helfen, wenn das Land seine CO₂-Emissionen parallel dazu deutlich reduziert.
„Aufgrund der begrenzten Kapazitäten und möglicher Umweltrisiken sollte dort aber nur jene CO₂-Restmenge deponiert werden, deren Entstehung sich trotz konsequenter Klimapolitik nicht vermeiden lässt.“