Robert Klatt
Laut der „Schneeball Erde“-Hypothese von 1992 war der Planet einst komplett mit Gletschern bedeckt. Nun wurde physische Beweise für die Theorie entdeckt, die zeigen, dass der Äquator einst von dicken Eisschichten bedeckt war.
Boulder (U.S.A.). In der Geologie existiert die sogenannte „Schneeball Erde“-Hypothese, laut der die Erde im späten Präkambrium mehrmals komplett vereist war und dass Gletscher in diesen Epochen der Erdgeschichte von den Polen bis zum Äquator gereicht haben, seit 1992. Wissenschaftler der University of Colorado Boulder (CU) haben nun neue Hinweise dafür entdeckt, dass die Erde einst tatsächlich vollständig von Eis bedeckt.
„Diese Studie liefert die ersten physischen Beweise dafür, dass die ‚Schneeball Erde‘ das Zentrum der Kontinente am Äquator erreichte.“
Laut der Publikation im Fachmagazin PNAS haben die Geologen sich für die Studie auf die Front Range der Rocky Mountains in Colorado konzentriert. Die Region haben die Forscher gewählt, weil Colorado vor Hunderten Millionen Jahren nicht in den nördlichen Breitengeraden lag, sondern sich als Bestandteil des Superkontinents Laurentia am Äquator befunden hat.
Die Tava-Sandsteine in den Rocky Mountains ragen an mehreren Orten weit aus dem Boden, insbesondere um den Pikes Peak. Sie haben in der Geologie einen hohen Stellenwert, weil sie einst auf der Oberfläche entstanden sind und dann unter die Erde gedrückt wurden.
„Diese Formationen sind klassische geologische Strukturen, sogenannte Injektite, die oft unter Eisschichten entstehen, wie sie heute in der Antarktis zu finden sind.“
Um zu untersuchen, ob die Tava-Sandsteine tatsächlich durch Gletscher unter die Erde gedrückt wurden, haben die Forscher mehrere Proben der Mineralien gesammelt, in denen viel Eisenoxid (Rost) vorhanden war.
Die Proben haben die Forscher dann mit der Laser-Ablations-Massenspektrometrie bestrahlt, um geringe Mengen des radioaktiven Elements Uran freizusetzen. Weil Uran mit einer konstanten Geschwindigkeit zu Blei zerfällt, konnte so das Alter des Gesteins bestimmt werden. Sie konnten so belegen, dass das Gestein vor etwa 690 bis 660 Millionen Jahren unterirdisch begraben wurde. Dieser Prozess wurde sehr wahrscheinlich durch Gletscher ausgelöst, die massiven Druck auf das Gestein ausgeübt haben. Es wurden somit physische Belege dafür entdeckt, dass die Erde von einer möglicherweise mehrere Kilometer dicken Eisschicht bedeckt war.
„Wir freuen uns, dass wir die Geschichte der einzigen bisher identifizierten ‚Schneeball Erde‘-Ablagerungen in Colorado entschlüsseln konnten.“
Laut den Forschern helfen diese Erkenntnisse nicht nur dabei, die geologischen Geschichte des Planeten besser zu verstehen, sondern auch die Entwicklung des Lebens. Es ist denkbar, dass die ersten mehrzelligen Organismen in den Ozeanen entstanden sind, als die Eisschicht des Schnellballs Erde wieder aufgetaut ist.
„Das Klima entwickelte sich weiter, und mit ihm das Leben. All diese Veränderungen ereigneten sich während der Umwälzungen der ‚Schneeball Erde. Wir müssen diese gesamte Epoche genauer untersuchen, um zu verstehen, wie wir und unser Planet sich gemeinsam entwickelt haben.“
PNAS, doi: 10.1073/pnas.2410759121