Robert Klatt
Die aktuelle Mitteltemperatur liegt bei etwa 15 Grad. Am Höhepunkt der letzten Eiszeit vor etwa 20.000 Jahren waren es nur 9 Grad. Besonders stark wird die Temperatur durch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre beeinflusst.
Tuscon (U.S.A.). Die letzte Eiszeit bedeckte während ihres Höhepunkts vor etwa 20.000 einen Großteil der Nordhalbkugel mit Gletschern. Genaue Aussagen über die damaligen Temperaturen konnte die Wissenschaft bisher aber nicht liefern, weil Foraminiferen, Kieselalgen oder Isotopenwerte sowie weitere fossile und geochemische Messwerte nur eine ungenaue Bestimmung ermöglichen. Der Temperaturbereich konnte deshalb bisher nur zwischen 1,7 Grad und acht Grad unterhalb des heutigen Mittelwerts bestimmt werden.
Wissenschaftler der University of Arizona um Jessica Tierney haben nun anhand eines Klima-Ozean-Modells, das sie mit vier geochemischen Werten versorgten, die Temperatur der Erde beim glazialen Maximum exakt bestimmt. Dazu nutzten die Forscher das Calcium zu Magnesium Verhältnis in fossilem Plankton sowie die Konzentration bestimmter Kohlenwasserstoffe und die des Sauerstoffisotops 18-O von verschiedenen Regionen des Planeten.
Sie konnten so ermitteln, dass während des Höhepunkts der Eiszeit die globale Mitteltemperatur 6,1 Grad niedriger war als im Holozän. Laut Tierney „klingt das nach unseren alltäglichen Maßstäben nicht nach viel, ist aber tatsächlich eine enorme Veränderung.“ Derzeit liegt die Mitteltemperatur bei rund 15 Grad und ist damit fast doppelt so hoch wie während der Auszeit. Die Wissenschaftler erklären, dass ihr Ergebnis mit vorherigen Studien übereinstimmt, die große Spannweite der vorherigen Ergebnisse aber deutlich eingrenzt. Das ermittelte Konfidenzintervall von 95 Prozent umfasst mit Werten von 5,7 Grad bis 6,5 Grad einen engen Bereich.
Laut der im Fachmagazin Nature erschienenen Studie gab es aber auch während der letzten Eiszeit starke lokale Temperaturunterschiede. Am kältesten war es laut den Daten im Nordatlantik, Nordpazifik und in einzelnen Regionen des Südatlantiks. Insgesamt war das Meer im Mittel nur 3,1 Grad kälter als jetzt, in den genannten Gebieten waren es hingegen beim letzten glazialen Maximum etwa acht Grad weniger als heute.
Auch an Land gab es deutliche Temperaturunterschiede. Am kühlsten war es in den hohen und gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel, mit Ausnahme von Alaska und der Bering-Landbrücke. Laut Tierney „stimmt das gut mit Beobachtungen überein, nach denen diese Gebiete eisfrei bleiben und nur minimal abkühlten.“
Die Wissenschaftler berechneten anhand ihres Klima-Ozean-Modells außerdem die Klimasensitivität neu. Diese liefert einen Wert dafür, wie stark die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre die Temperatur beeinflusst. Isotopenwerte zeigen, dass Höhepunkt der letzten Eiszeit etwa 180 parts per million (ppm) CO2 in der Atmosphäre vorhanden waren. Der zuletzt gemessene Rekordwert lag bereits bei 415,26 ppm.
Laut Tierney liegt „die Klimasensitivität mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 2,5 und 4,3 Grad.“ Dies bedeutet, dass die globale Mitteltemperatur durch eine Verdopplung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre um 3,4 Grad ansteigt. Im Weltklimabericht des IPCC wurde noch eine deutlich ungenauere Spanne von einem bis sechs Grad pro Verdopplung des CO2-Werts genannt.
Nature, doi: 10.1038/s41586-020-2617-x