Robert Klatt
Seismischen Wellen von Erdbeben zeigen, dass im Erdkern eine 650 Kilometer große Metallkugel vorhanden ist. Der Planet besteht also aus fünf und nicht wie bisher angenommen aus vier Schichten.
Canberra (Australien). Die Wissenschaft ist bisher davon ausgegangen, dass die Erde aus vier verschiedenen Schichten besteht. Nun haben Forscher der Australian National University (ANU) mit hoher Sicherheit entdeckt, dass die Erde über eine fünfte Schicht verfügt. Es gibt demnach neben der Erdkruste, dem Erdmantel sowie dem äußeren und inneren Erdkern noch eine Schicht, die die Seismologen als innersten inneren Kern bezeichnen.
Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Nature Communications erklären, belegen dies die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen seismische Wellen von Erdbeben in den Erdkern vordringen und ihn durchqueren. Eine andere Erklärung als die gigantische Metallkugel im Erdinneren ist laut Studienleiter Thanh-Son Phạm kaum denkbar.
„Die Existenz einer inneren Metallkugel innerhalb des inneren Kerns, des innersten Kerns, wurde vor etwa 20 Jahren vermutet. Wir liefern nun eine weitere Beweislinie, um die Hypothese zu belegen.“
Zur Verifikation ihrer Entdeckung haben die Forscher Daten von etwa 200 Erdbeben der Stärke sechs und höher aus dem letzten Jahrzehnt untersucht. Sie fokussierten sich dabei auf die seismischen Wellen der Erdbeben, weil diese den Erdmittelpunkt unmittelbar durchlaufen und dann auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten wieder austreten. Anschließend wandern die seismischen Wellen wieder zur Ursprungsort des Erdbebens.
Dieser Prozess ist vergleichbar mit einem hin- und herspringenden Ping-Pong-Ball und war der Wissenschaft bereits bekannt. Zuvor reichten die Messinstrumente aber noch nicht aus, um zu verifizieren, ob sich tatsächlich eine Metallkugel im innersten inneren Kern befindet.
„Durch die Entwicklung einer Technik zur Verstärkung der Signale, die von dicht besiedelten Seismografen-Netzwerken aufgezeichnet werden, haben wir zum ersten Mal seismische Wellen beobachtet, die bis zu fünfmal entlang des Erddurchmessers hin- und herhüpfen. Frühere Studien haben nur ein einziges antipodisches Hin- und Herspringen dokumentiert.“
Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher die Anisotropie der Eisen-Nickel-Legierung des inneren Erdkerns. Die Anisotropie beschreibt, wie seismischen Wellen durch ein Material beschleunigt oder verlangsamt werden.
Laut den Daten deutet die Anisotropie daraufhin, dass im Erdkern eine unterschiedliche Anordnung der Eisenatome besteht. Im innersten Bereich des Erdkerns scheint es demnach eine kristallisierte Struktur zu geben, die sich von der äußeren Schicht des inneren Erdkerns unterscheidet. Dies ist auch eine valide Erklärung dafür, wieso sich seismische Welle in Abhängigkeit von ihrem Eintrittswinkel im innersten inneren Kern verlangsamen oder beschleunigen.
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-36074-2