Robert Klatt
Eine Rekonstruktion der globalen Oberflächentemperaturen zeigt, wie sich das Klima der Erde in den vergangenen 485 Millionen Jahre entwickelt hat. Die Klimakurve belegt, dass die CO₂-Konzentration der Atmosphäre einen starken Einfluss hat und zu höheren Temperaturen führt.
Tucson (U.S.A.). Das Klima der Erde schwankt kontinuierlich zwischen Kalt- und Hitzephasen, deren Ursachen die Wissenschaft bisher nicht vollkommen entdecken konnte. Bisher konnten Forscher das Klima in unterschiedlichen Epochen der Erdgeschichte anhand von Eisbohrkernen, Fossilien und Isotopenanalysen für die vergangenen 66 vergangenen rekonstruieren. Wissenschaftler der University of Arizona (UA) haben nun eine Studie publiziert, deren Referenzkurve 485 Millionen Jahre zurückreicht, also bis zum Kambrium, in dem sich nahezu alle Vorfahren der heutigen Tiergruppen entwickelt haben.
Laut der Publikation im Fachmagazin Science haben die Forscher dazu Daten von fünf geochemischen Klimaarchiven analysiert, die insgesamt über 150.000 Datenpunkte aus unterschiedlichen Regionen und Zeiten umfassen. Trotz der umfangreichen Daten gab es jedoch noch viele Lücken in der Klimarekonstruktion. Die Forscher haben deshalb über 850 Klimamodelle verwendet, um mit Simulationen die örtlichen und zeitlichen Lücken zu schließen.
„Es ist, als wenn man versucht, das fertige Bild eines Tausend-Teile-Puzzles anhand von nur einer Handvoll Puzzlestücken zu rekonstruieren.“
Die neue nahezu lückenlose Kurve zeigt die Schwankungen in der Mitteltemperaturen der letzten 485 Millionen und belegt unter anderem, dass die Temperaturen noch stärker geschwankt sind, als die Forschung bislang angenommen hat.
„Die Spanne reicht von Minimumwerten von 11 Grad während der letzten Eiszeit bis zu Maximalwerten von 36 Grad vor 93 bis 89 Millionen Jahren. Diese Spannbreite ist größer als bei früheren Rekonstruktionen.“
Die analysierten Proben und die Simulationen belegen außerdem, dass die Erde in den letzten 485 Millionen Jahre öfter und für längere Zeiträume sehr warm. Temperaturen zwischen 25 und 36 Grad Celsius hatten im untersuchten Zeitraum den höchsten Anteil (41 %), gefolgt von Temperaturen zwischen 11 und 22 Grad Celsius (31 %). Der restliche Zeitraum waren Übergangsperioden mit Temperature dazwischen.
Laut den Analysen war es in den Tropen zeitweise deutlich wärmer als bislang angenommen und damit sogar zu heiß für die meisten Lebewesen. Die meisten heute lebenden Organismen können dauerhaft Temperaturen zwischen 35 und 40 Grad Celsius statthalten, während die Hitzetoleranz des Menschen bei hoher Luftfeuchtigkeit bei nur 31 Grad Celsius liegt.
„Es gibt große Regionen der Kontinente, in denen es in den warmen Monaten heißer wurde als 45 Grad. Das wirft die Frage auf, ob die regionalen Temperaturen während solcher Treibhausphasen nicht die thermischen Grenzen für mehrzelliges Leben überschritten haben.“
Der Mensch und die meisten der heute lebenden Tierarten haben sich vor etwa 33 Millionen Jahren entwickelt, als das Klima der Erde verhältnismäßig kühl war. Sie sind deshalb besser an die aktuelle Mitteltemperatur von rund 15 Grad Celsius angepasst als an die durchschnittliche Mitteltemperatur der vergangenen 485 Millionen Jahre, die bei 24 Grad Celsius lag.
„Menschen und die Arten, mit denen wir heute den Planeten teilen, sind daher eher an ein kaltes Klima angepasst.“
Die neue Studie hat überdies eine deutliche Korrelation zwischen der Temperaturentwicklung und der CO₂-Konzentration der Atmosphäre entdeckt. Demnach ist die Mitteltemperatur mit jeder Verdopplung der CO₂-Konzentration um acht Grad Celsius gestiegen.
„Dies illustriert eindeutig, dass Kohlendioxid der dominante Einflussfaktor auch über geologisch lange Zeiträume hinweg ist,“
Es liegt somit ein weiterer Beleg dafür vor, dass die rapide zunehmende CO₂-Konzentration, die aktuell schneller als in den letzten 50.000 Jahren steigt, der Hauptfaktor den Klimawandel und die zunehmenden Temperaturen ist.
Ein so konsistenter Zusammenhang zwischen CO2 und globalen Oberflächentemperaturen ist schon etwas überraschend. Denn über diese großen Zeiträume hinweg erwarten wir, dass Nicht-CO2-Einflüsse wie Veränderungen der Sonneneinstrahlung oder andere Treibhausgase ebenfalls eine Rolle spielen.“
Science, doi: 10.1126/science.adk3705