Robert Klatt
Eine neue interaktive Karte zeigt erstmals das Erdbebenrisiko in Europa, also die Regionen, in denen Erdbeben die größten Schäden für die Bevölkerung und die Wirtschaft anrichten würden.
Zürich (Schweiz). Die meisten Erdbeben treten in Regionen auf, in denen tektonische Platten aneinandergrenzen und Spannungen im Gestein durch ihre Bewegungen auslösen. Mittels historischer Erdbebendaten und geophysikalischen Analysten kann das Auftreten von Erdbeben in einem Gebiet deshalb gut abgeschätzt werden. In Deutschland ist vor allem das Voralpenland, die Region an der tschechischen Grenze und der Rheingraben gefährdet. Das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ hat deshalb kürzlich eine Simulation durchgeführt, die die Auswirkungen eines starken Erdbebens in Köln zeigt.
Unter Leitung des Schweizer Erdbebendienstes hat ein europäisches Forschungsteam mit Beteiligung der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) und des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ nun eine aktualisierte Erdbebengefährdungskarte für ganz Europa erstellt. Die interaktive Karte basiert auf Daten zur Bebenhäufigkeit, Geodynamik und Seismologie, die mit einem neuen Erdbebenmodell analysiert wurden.
Demnach ist das Risiko für das Auftreten von Erdbeben in der Türkei, Griechenland, Albanien, Italien und Rumänien am höchsten. Danach folgt die Balkanregion. Im Vergleich zu älteren Gefährdungskarten treten Erdbeben in einigen Gebieten in der westlichen Türkei, Griechenland, Albanien, Rumänien sowie in Südspanien laut der neuen Karte öfter auf.
Eine zweite Karte zeigt das Erdbebenrisiko, also die Auswirkungen eines Erdbebens auf die Bevölkerung und Wirtschaft. Es handelt sich hierbei um die Karte für Europa dieser Art. Analysiert haben die Wissenschaftler dafür Daten über die Gebäude- und Bevölkerungsdichte, den lokalen Untergrund sowie die Erdbebengefährdung von Gebäuden.
Am höchsten ist das Erdbebenrisiko demnach in Städten wie Istanbul und Izmir in der Türkei, Catania und Neapel in Italien, Bukarest in Rumänien und Athen in Griechenland. Ein Großteil (80 %) des modellierten wirtschaftlichen Schadens, den Erdbeben im Mittel in Europa anrichten, entfällt auf diese vier Länder. Neben der aktiven Plattentektonik liegt dies auch der kaum erdbebensicheren Bausubstanz. Zudem ist das Erdbebenrisiko in Städten wie Zagreb, Tirana, Sofia, Lissabon, Brüssel und Basel überdurchschnittlich hoch. Berlin, London und Paris haben hingegen ein geringes Erdbebenrisiko.
Laut den Erstellern sollen die neuen Karten dabei helfen, Vorsorgemaßnahmen besser zu planen. Dies kann die möglichen Erdbebenfolgen reduzieren.