Robert K.
Massive Vulkanausbrüche können zu ähnlichen finanziellen Schäden führen wie die Covid-19-Pandemie. Trotz des hohen Risikos werden Vulkane kaum erforscht und überwacht.
Cambridge (England). Die meisten Vulkanausbrüche verursachen lediglich lokale Folgen. Es kann aber auch zu großen Eruptionen kommen, die auf der gesamten Erde zu Schäden führen. Laut einer Studie des Centre for the Study of Existential Risk (CSER) der Universität Cambridge können solche Ausbrüche im Extremfall zu ähnlichen finanziellen Schäden führen, wie die Covid-19-Pandemie.
Die Schwefelkonzentrationen in Eisbohrkernen zeigt, dass das Risiko für einen extremen Vulkanausbruch der Stärke 7 oder größer in einem Zeitraum von 100 Jahren bei einem Sechstel (16,6 %) liegt. Laut der im Fachmagazin Nature publizierten Studie tritt eine solche Eruption statistisch also alle 625 Jahre auf.
In der Vergangenheit kam es durch Vulkanausbruch der Stärke 7 oder größer zu plötzlichen Klimaveränderungen und dem Untergang ganzer Zivilisationen. Kürzlich zeigte eine Studie zudem, dass in China Dynastien durch die Missernten infolge großer Vulkanausbrüche ihr Ende fanden. Wie Lara Mani vom CSER erklärt, kann ein massiver Vulkanausbruch dieselben klimatischen Folgen auslösen wie ein Asteroid mit einem Kilometer Durchmesser.
Der letzte Vulkanausbruch der Stärke 7 fand 1815 in Indonesien statt. Die dadurch verursachten klimatischen Auswirkungen waren noch in Europa zu spüren und verursachten gewaltsame Aufstände, Epidemien und Hungersnöte. Das auf den Ausbruch des Vulkans Tambora folgende Jahr ist in der Wissenschaft auch als „Jahr ohne Sommer“ bekannt.
Das kombinierte Risiko eines Kometen- oder Asteroideneinschlags liegt bei nur einem Prozent des Risikos durch einen massiven Vulkanausbruch. Global wird trotzdem deutlich mehr Geld in die Beobachtung von Asteroiden investiert als in die Überwachung und Erforschung von Vulkanen. „Das muss sich dringend ändern. Wir unterschätzen das Risiko, für unsere Gesellschaften durch Vulkane massiv“, so Mani.
Der Ausbruch des Vulkans auf der Südseeinsel Tonga im Januar 2022 sollte laut den Forschern deshalb als Weckruf gesehen werden. Hätte die Eruption länger angedauert oder wäre in einem Gebiet mit mehr kritischer Infrastruktur wie dem Mittelmeerraum erfolgt, wären die Folgen deutlich verheerend gewesen.
Zudem ist es wahrscheinlich, dass die Schäden durch massive Vulkanausbrüche deutlich größer sind als beim letzten massiven Ausbruch im Jahr 1815. „Wir leben jetzt in einer Welt mit der achtfachen Bevölkerung und dem vierzigfachen Handel von damals. Unsere komplexen Netzwerke könnten uns noch empfindlicher machen für die Erschütterungen eines großen Ausbruchs“, erklärt Mike Cassidy.
Als Reaktion auf ihre Studie erhoffen sich die Wissenschaftler eine bessere Überwachung der aktiven Vulkane und die Erforschung neuer Methoden, mit denen die Folgen eines großen Vulkanausbruchs abgemildert werden können. Als Beispiel nennen sie einen Satelliten, die die vulkanischen Aktivitäten permanent aus dem Weltraum dokumentiert. Zudem erklären sie, dass es auf der Erde noch Dutzende gefährliche Vulkane geben könnte, die bisher noch nicht entdeckt wurden. Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür in Südostasien.
Nature, doi: 10.1038/d41586-022-02177-x