Robert Klatt
Kalksandsteinschichten unter dem Meeresboden vor Malta enthalten ein großes Süßwasservorkommen. Der Fund macht Hoffnung darauf, dass unter dem Mittelmeer weitere submarine Reservoire existieren, die als Wasserquelle in den oft trockenen Regionen dienen könnten.
Kiel (Deutschland). Wasser ist in vielen Regionen der Erde eine knappe Ressource. Besonders in Gebieten mit wenig Regen sind die kleinen Grundwasservorkommen deshalb schon heute übernutzt. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass es vielen Küstenregionen große submarine Grundwasservorkommen existieren zum Beispiel vor der Ostküste der U.S.A. Entstanden sind diese Reservoire größtenteils bereits in der Eiszeit, als der Meeresspiegel auf der Erde noch deutlich niedriger war.
Ein Team des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung um Amir Haroon hat nun im Mittelmeer vor der Küste Maltas ein weiteres submarines Süßwasservorkommen entdeckt. „Unsere Entdeckung basiert auf einer ozeanographischen Expedition, die wir im Jahr 2018 durchgeführt haben. Wir haben geophysikalische Methoden, sogenannte Reflektionsseismik, kombiniert mit neuartigen elektromagnetischen Verfahren eingesetzt, um diese Vorkommen aufzuspüren“, erklärt Haroon.
Laut ihrer Publikation in den Geophysical Research Letters zeigen Messdaten einen Bereich mit anomalen Leitfähigkeitswerten 100 bis 200 Meter Tiefe unter dem Meeresgrund. Die Anomalien stimmen laut den Wissenschaftlern mit einer Kalksteinschicht überein, die in dieser Tiefe eine Dicke von mehr als 60 Metern hat. Laut der Messungen enthalten die Poren dieses Kalksteins aber nicht wie erwartet Salzwasser, sondern Süßwasser oder Brackwasser, also wahrscheinlich ein submarines Grundwasservorkommen.
Hydrodynamische Modellierungen zeigen, dass das Grundwasser nicht von den Aquiferen der Insel stammt. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass das Grundwasser als isolierter Körper in Kalksteinformationen in drei Kilometer Entfernung von der Küste auftritt“, erklärt Haroon. Eine Verbindung zwischen dem Grundwasser von Malta und dem submarine Reservoire gibt es demnach nicht.
Vermutlich entstand das Süßwasservorkommen vor etwa 20.000 Jahren während der letzten Eiszeit. Der Meeresspiegel des Mittelmeeres lag zu diesem Zeitpunkt deutlich tiefer. Es ist daher möglich, dass der Teil des heutigen Meeresgrunds damals nicht von Wasser bedeckt war. Als Quelle des Wassers vermuten die Wissenschaftler Regen, der von den erhöhten Uferbereichen abfloss und dann in den Gesteinsformationen vor der heutigen Küste versickerte. Beim späteren Anstieg des Meeresspiegels wurde das Wasser durch die darüberliegende Ablagerungen isoliert und konnte deshalb bis heute erhalten bleiben.
Die Entdeckung ist laut Haroon ein Hinweis darauf, dass ähnliche submarinen Süß- und Brachwasservorkommen auch in weiteren Küstenregionen des Mittelmeeres existieren können. Noch ist aber unklar, ob und wie viel Süßwasser tatsächlich unter dem Mittelmeer existiert und ob dieses Süßwasser vom Menschen verwendet werden kann. Zumindest das vor Malta gefundene Reservoir würde laut den Forschern des GEOMAR nur geringe Fördermengen ermöglichen. Außerdem wäre die Nutzung nicht nachhaltig, weil zwar Trinkwasser entnommen werden kann, das Wasservorkommen sich heute aber nicht mehr von selbst regeneriert.
Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2020GL091909