Robert Klatt
Der Klimawandel führt dazu, dass die Eisschilde und die Gletscher schmelzen. Dadurch verschiebt sich die Erdrotationsachse des Planeten deutlich.
Zürich (Schweiz). Der magnetische Nordpol wandert derzeit mit rund 25 Kilometer/Jahr in Richtung Russland. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts war die Geschwindigkeit mit über 50 Kilometer/Jahr noch deutlich höher. Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) haben nun eine Studie publiziert, laut der sich auch der geografische Nordpol, dessen Position in der Geologie bisher als nahezu unveränderlich galt, bewegt.
Laut der Publikation im Fachmagazin Geophysical Research Letters führt der Klimawandel und die daraus resultierende Eisschmelze dazu, dass der geografische Nordpol in den kommenden Jahrzehnten deutlich wandert. Die Verschiebung könnte im Extremfall bei bis zu 27 Metern liegen und unter anderem die Navigation von Raumsonden stören.
Wie die Forscher erklären, kommt es während der Erdrotation zu minimalen Veränderungen in der Masseverteilung, die dazu führen, dass der Planet leicht wackelt. Ein Großteil dieser Schwankungen ist leicht vorhersehbar und geht unter anderem auf regelmäßige Veränderungen der Meeresströmungen, des atmosphärischen Drucks sowie Wechselwirkungen zwischen dem Erdmantel und dem Erdkern zurück. Zudem wurden kürzlich Studien publiziert, laut denen auch das Schmelzen der Gletscher und Pole die Massenverteilung der Erde und die Position der Pole beeinflusst.
Die Wissenschaftler der ETH Zürich haben deshalb ein Modell erstellt, das auf der Bewegung der Pole im Zeitraum von 1900 bis 2018 sowie der kommenden Eisschmelze basiert. Das Modell kann prognostizieren, wie sich die Pole bis 2100 bei unterschiedlichen Klimaszenarien verschieben.
Im extremen Szenario, bei einer Erderwärmung um etwa 4,5 Grad Celsius, würde der Nordpol rund 27 Meter nach Westen wandern. Im optimistischen Szenario, bei dem die Erderwärmung maximal zwei Grad Celsius beträgt, würde der Nordpol zwölf Meter nach Westen wandern. Den größten Einfluss auf die Bewegung des Nordpols hat laut dem Modell das Schmelzwasser der Antarktis und Arktis.
Laut den Forschern kann es durch die starke Verschiebung der Rotationsachse dazu kommen, dass die Navigationssysteme von Satelliten und Raumsonden gestört werden. Diese ermitteln ihre Position im Weltraum teilweise mithilfe der Erdrotationsachse.
Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2024GL113405