Urzeitliches Material

Konvektion im Erdmantel verläuft in zwei getrennten Schichten

Robert Klatt

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Die Konvektion im Erdmantel läuft laut neuen ultrahochpräzisen Messungen in zwei getrennten Schichten ab. Der untere Erdmantel könnte deshalb urzeitliches Material aus den frühen Stadien der Erdentstehung enthalten, das seit 4,5 Milliarden Jahren kaum verändert wurde.

Kopenhagen (Dänemark). Die Erde ist der einzige Planet im Sonnensystem mit Plattentektonik. Unter Plattentektonik versteht man in der Geologie die dynamische Bewegung der tektonischen Platten auf der Erdkruste, die durch die Konvektion des Erdmantels entsteht. Dieser Prozess transportiert Wärme vom inneren Kern zur Oberfläche des Planeten und ist entscheidend für die Gestaltung der geologischen und des Klimas der Erde.

In der Wissenschaft gab es bisher die Annahmen, dass die Konvektion im Mantel, die kurz nach der Entstehung der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren begann, im gesamten Mantel stattfindet, erfolgt. Es sollen demnach Erdplanten an der Oberfläche aufeinandertreffen, woraufhin eine Platte nachgibt und in den heißen Erdmantel absinkt. Die absinkende Platte landet dann in einem „Plattengrab“ auf dem metallischen Erdkern.

Konvektion in zwei Schichten

Forscher um Zhengbin Deng von der University of Copenhagen (KU) haben im Fachmagazin Nature nun eine Studie publiziert, laut der diese Form der Plattentektonik in der geologischen Geschichte der Erde deutlich später auftrat.

„Unsere neuen Ergebnisse legen nahe, dass während des größten Teils der Erdgeschichte die Konvektion im Mantel in zwei getrennte Schichten unterteilt war, nämlich in obere und untere Mantelbereiche, die voneinander isoliert waren.“

In etwa 660 Kilometer Tiefe, am Übergang zwischen dem oberen und dem unteren Erdmantel, durchlaufen bestimmte Mineralien einen Phasenübergang. Laut Martin Schiller sind die Studienautoren der Ansicht, dass dieser Phasenübergang die oberen und unteren Mantelbereiche voneinander isoliert.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass in der Vergangenheit das Recycling und die Vermischung von subduzierten Platten in den Mantel auf den oberen Mantel beschränkt waren, wo eine starke Konvektion stattfindet. Dies unterscheidet sich sehr von unserer Vorstellung davon, wie die Plattentektonik heute funktioniert, bei der subduzierte Platten in den unteren Mantel absinken.“

Ultrahochpräzise Messungen der Isotopenzusammensetzung von Titan

Die Forscher nutzten für ihre Studie eine neue ultrahochpräzise Messmethode der Isotopenzusammensetzung des Elements Titan in verschiedenen Gesteinen. Die Isotopenzusammensetzung von Titan ändert sich bei der Bildung der Erdkruste. Titanisotope ermöglichen somit Rückschlüsse darauf, wie die Erdkruste im Laufe der geologischen Zeit im Erdmantel recycelt wird. Dank der neuen Methode konnten die Wissenschaftler die Zusammensetzung des Mantelgesteins der letzten 3,8 Milliarden Jahre rekonstruieren.

Urzeitliches Material in tiefen Erdschichten

Wenn die Vermischung der tektonischen Platten tatsächlich nur im oberen Erdmantel erfolgt, bedeutet dies, dass der untere Erdmantel noch immer urzeitliches Material enthalten könnte, das etwa 4,5 Milliarden Jahre alt ist und aus den frühen Stadien der Erdentstehung stammt.

Laut Martin Bizzarro ist die Vorstellung, dass in der Erde noch immer sogenanntes „primäres“ Material existiert, nicht neu. Studien, die die Isotopenzusammensetzung von seltenen Gasen und Lava von Tiefseevulkanen analysiert haben, lieferten Indizien dafür. Die Interpretation dieser Daten ist jedoch mehrdeutig und einige haben vorgeschlagen, dass dieses Isotopensignal vom Erdkern und nicht vom tiefen Mantel stammt. Weil Titan nicht im Erdkern existiert, eröffnet die nun publizierte Studie, die die Isotopenzusammensetzung des Elements Titan analysiert hat, neue Erkenntnisse.

„Unsere neuen Titanisotopendaten ermöglichen es uns, robust zu identifizieren, welche modernen Tiefseevulkane den primären Mantel der Erde repräsentieren. Das ist aufregend, weil es uns ein Zeitfenster in die ursprüngliche Zusammensetzung unseres Planeten bietet und es uns möglicherweise ermöglicht, die Quelle der flüchtigen Stoffe der Erde zu identifizieren, die für die Entwicklung des Lebens notwendig waren.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06304-0

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