Robert Klatt
Eine Untersuchung von Bohrkernen des Siljan-Meteoritenkrater in Schweden zeigt, dass Bakterien 620 Metern unterhalb der Erdoberfläche im Gestein lebten. Meteoriten sind damit eine der Ursachen für die Besiedlung der Erdkruste, deren Artenvielfalt die der Oberfläche möglicherweise übertrifft.
Kalmar (Schweden). Die Forschung ist lange davon ausgegangen, dass in den tiefen Schichten der Erdkruste kein Leben vorkommt. Inzwischen wurde jedoch belegt, dass unter der Land- und Meeresoberfläche eine Vielzahl unterschiedlicher Mikroben leben, die möglicherweise die Artenvielfalt der Oberfläche und sogar die Biomasse der Menschheit übertreffen könnten.
Wissenschaftler der schwedischen Linnaeus University haben nun Belege für eine Theorie gefunden, laut der Mikroben sich in der Tiefe aufgrund von Meteoriteneinschlägen angesiedelt haben. Henrik Drake, Autor der im Fachmagazin Nature Communications publizierten Forschungsarbeit, erklärt, dass „diese Einschläge Brüche bis in große Tiefen verursachen und damit Porenraum erzeugen und dass die Einschlagshitze die hydrothermale Konvektion antreibt.“ Laut dem Biologen sind dies Faktoren, die die Entstehung eines tiefen Ökosystems begünstigen.
Ob die Annahme von Drake korrekt ist, haben die Wissenschaftler anhand des Siljan-Meteoritenkraters in Mittelschweden untersucht. Es handelt sich bei dem 55 Kilometer großen Krater, der vor etwa 380 Millionen Jahren entstand, um den größten Krater des europäischen Kontinents. Ausgewertet wurden von den Wissenschaftlern sieben Bohrkerne, die auf der Suche nach Erdgas und Erdöl entstanden. Dabei suchten die Biologen speziell nach Indikatoren für eine mikrobielle Tätigkeit.
Die Analyse des Gesteins brachte eine Reihe winziger Kristalle aus Sulfid und Calciumcarbonat ans Tageslicht, deren chemische Zusammensetzung laut Drake belegt, dass „sie durch mikrobielle Aktivität gebildet worden waren.“ Konkret macht der Wissenschaftler dies an der Verteilung der Kohlenstoff- und Schwefel-Isotope in den Mineralien sowie am Methan im Gestein fest, die laut ihm „isotopische Fingerabdrücke von mikrobiellem Leben“ sind.
Außerdem zeigen die Bohrkerne, dass Leben in bis in 620 Meter Tiefe unterhalb des Einschlagskraters vorkam. Die dort lebenden Bakterien bauten Methan ab und wandelten Sulfate in Sulfide um. Möglicherweise bedeutet dies auch, dass die großen Erdgasvorkommen unterhalb des Siljan-Meteoritenkraters nicht durch geochemischen Prozesse, sondern durch dort lebende Mikroben erzeugt wurden.
Laut den Wissenschaftlern bestätigen ihre Funde, dass Einschlagskrater optimale Lebensbedingungen für eine tiefe Biosphäre schaffen und so das Leben in sehr tiefen Schichten der Erdkruste ermöglichen. Wie Drake erklärt „war die Impaktstruktur mit ihrem Ring aus bis in die Tiefe gebrochenen paläozoischen Sedimenten optimal für eine Kolonisierung des tiefen Untergrunds.“ Ebenfalls positiv wirkte sich die Fragmentierung des Gesteins aus, die es erlaubte, dass organisches Material und Kohlenwasserstoffe absinken konnte und den Bakterien als Energiequelle dienen konnte.
Mithilfe der Uran-Blei-Datierung der Calcitkristalle konnte das Alter dieser von den Mikroben hergestellten Kristalle auf 22 bis 80 Millionen Jahre eingegrenzt werden. Dies belegt, dass die Bakterien den Krater nicht unmittelbar, nachdem Einschlag des Meteoriten besiedelten, sondern abwarteten, bis das Gestein abkühlte und die Lebensbedingungen besser wurden.
Nick Roberts, Co-Autor vom British Geological Survey fügt hinzu, dass „das die lange anhaltende mikrobielle Aktivität unter dem Impaktkrater unterstreicht, aber auch, dass diese Mikroorganismen noch bis zu 300 Millionen Jahre nach dem Einschlag hier aktiv waren.“
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-12728-y