Robert Klatt
Ozeane absorbieren derzeit etwa 90 Prozent der überschüssigen Wärme. Paläo-ozeanografische Analysen zeigen, dass die Meere noch mehr Wärme aufnehmen und damit die Erwärmung der Atmosphäre verlangsamen könnten.
Columbus (U.S.A.). Die Ozeane absorbieren über 90 Prozent der überschüssigen Energie des menschengemachten Klimawandels und sind damit der wichtigste Wärmespeicher der Erde. In den letzten hundert Jahren hat die Erwärmung vor allem in den oberen 500 Metern der Meere stattgefunden, während die tieferliegenden Wasserschichten kaum betroffen waren. Die Wärmespeichereffizienz der Ozeane lag deshalb bei nur 0,1.
Laut paläo-ozeanografischen Untersuchungen war die Erwärmung in tiefen Wasserschichten in früheren Epochen der Erdgeschichte über längere Zeiträume gleich stark oder sogar stärker war als die Erwärmung der Oberfläche. Während der letzten Entgletscherung der Erde vor etwa 19.000 bis 11.000 Jahren lag der Wärmespeichereffizienz der Ozeane bei etwa 1.
Forscher der Ohio State University (OSU) haben im Fachmagazin Science Advances nun eine Studie publiziert, die untersucht hat, welche Prozesse die Wärmeaufnahme und -speicherung der Ozeane beeinflussen. Laut der Studie haben die Wissenschaftler durch eine Kombination von rekonstruierten Daten und modernen Simulationen zur letzten Entgletscherung eine dreidimensionale Übersicht zu den Temperaturveränderungen im Ozean während dieser Zeit erstellen. Die Daten zeigen, dass die Wärmespeichereffizienz in mittleren Wasserschichten als Reaktion auf die Entgletscherung auf über 1 angestiegen ist.
„Unsere Simulationen und die rekonstruierten Daten zeigen, dass die dreidimensionale Erwärmung des Ozeans, während der letzten Deglaziation stark ungleichmäßig verlief, wobei die stärkste Erwärmung in mittleren Tiefen auftrat, was in starkem Kontrast zu heutigen Beobachtungen steht.“
Zudem zeigen Sensitivitätsexperimenten, dass die starke Erwärmung der mittleren Wasserschichten durch die Erwärmung der oberen Wasserschichten in subpolaren Breitengraden signifikant beeinflusst wird. Dieser Prozess wurde durch das Schmelzen der Eisschilde, das zu starken Veränderungen an den Meeresströmungen geführt hat, ausgelöst.
„Die einzigartige Struktur der Ozeanerwärmung ermöglicht eine hohe Wärmespeichereffizienz des Ozeans. Insbesondere löst dies das Paradoxon, das in der konventionellen Sichtweise nahegelegt wird, dass die Erwärmung an tiefen Wasserschichten entstand, die von Meereis bedeckt blieben.“
Laut den Forschern haben die neuen Erkenntnisse für die Wissenschaft eine hohe Bedeutung. Sie zeigen, dass der Ozean mehr Wärme aus der Atmosphäre aufnehmen kann, wenn eine starke Belüftung und eine starke Oberflächenerwärmung parallel auftreten. Dieser Mechanismus kann dazu beitragen, die Erwärmung der Atmosphäre zu verlangsamen. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass die Meeresströmungen einen deutlich größeren Einfluss auf die Wärmespeicherung im Ozean haben und dass der Ozean ein deutlich größerer Energiespeicher im Klimasystem sein kann, als die aktuellen Mess- und Beobachtungsdaten zeigen.
Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adp5156