Robert Klatt
In einer Hochplateauwüste in Argentinien wurde ein einzigartiges Ökosystem entdeckt, in dem archaische Mikroben leben. Die Entdeckung ermöglicht einen Rückblick auf das Leben vor 3,5 Milliarden Jahren. In den kommenden Jahren wird der Lebensraum jedoch dem Lithiumabbau zum Opfer fallen.
Boulder (U.S.A.). Forscher der University of Colorado Boulder (CU Boulder) um Brian Hynek haben in der Puna de Atacama, einer Hochplateauwüste in Argentinien, die mehr als 3.600 Meter über dem Meeresspiegel liegt, ein einzigartiges Ökosystem entdeckt. Die fremdartige wirkende Umgebung besteht aus einem System von Lagunen und großen Salzebenen und könnte laut den Geologen einen Rückblick auf die frühesten Lebensphasen der Erde ermöglichen.
Es handelt sich bei dem Ökosystem um eine der trockensten Regionen der Erde, in der es kaum regnet und ständig starker Sonnenschein herrscht. In dem Umfeld leben deshalb nur wenige Pflanzen und Tiere. Das Netzwerk von zwölf Lagunen erstreckte sich über etwa 10 Hektar und war von kargen Bergen in der Ferne umgeben. Unter den kristallklaren Gewässern konnten die Forscher aber große grüne Wachstumshügel sehen, die deutlich größer sind als andere bekannte Stromatolithen.
Stromatolithen sind feste Gebilde, die aus feinschichtigen, meist kalkigen Sedimentgesteinen und Mikroorganismen bestehen. Sie werden meistens von Cyanobakterien (Blaugrünalgen) gebildet, indem sie Sandkörner und anderes Treibgut aus dem Wasser einfangen und sind meisten relativ klein.
In der Frühzeit der Erde, vor etwa 3,5 Milliarden Jahren, gab es noch deutlich größere Stromatolithen, die bis zu sechs Meter hoch waren. Sie zogen aktiv Kalzium und Kohlendioxid aus dem umgebenden Wasser an, was dazu führte, dass Mineralien um sie herum ausfielen.
Die auffälligen Stromatolithen in Puna de Atacama sind bis zu 4,5 Meter breit und mehrere Meter hoch. Sie ähneln damit eher den Stromatolithen aus der Antike als „aktuellen“ bekannten Stromatolithen der Erde. Laut Hynek wurden sie von komplexen, mikrobiellen Gemeinschaften gebildet, die in den Lagunen leben. Sie ähneln den Mikroorganismen, die während der frühen Archaik, einer Periode in der Erdgeschichte, in der die Atmosphäre fast keinen Sauerstoff enthielt, gelebt haben.
„Diese Lagune könnte eines der besten modernen Beispiele für die frühesten Anzeichen von Leben auf der Erde sein. Es ist anders als alles, was ich je gesehen habe oder, wirklich wie alles, was ein Wissenschaftler je gesehen hat. Es ist einfach erstaunlich, dass man auf unserem Planeten noch undokumentierte Dinge wie diese finden kann.“
Laut der Präsentation auf dem Jahrestreffen der American Geophysical Union bestehen die Schichten der Stromatolithen aus der Wüste hauptsächlich aus Gips, einem Mineral, das bei Fossilien von Stromatolithen häufig vorkommt, aber in fast allen modernen Stromatolithen fehlt. Die Forscher sind deshalb überzeugt davon, dass die Wachstumshügel in Puna de Atacama von Mikroorganismen stammen, die den archaischen Gemeinschaften stark ähneln.
„Wir glauben, dass diese Hügel tatsächlich von den Mikroben wachsen, was bei den ältesten der Fall war.“
Noch ist unklar, wieso die Mikroben in einem derart unwirtschaftlichen Ökosystem leben. Es ist denkbar, dass Lagunenumgebung ähnliche Lebensbedingungen bietet wie die antike Erde. Deshalb könnten die Gemeinschaften einen Rückblick auf die Entstehung des Lebens auf der Erde und auf dem Mars, der vor Milliarden von Jahren der Erde ähnelte, ermöglichen.
„Wenn sich das Leben jemals auf dem Mars bis zum Niveau von Fossilien entwickelt hat, wäre es so gewesen. Das Verständnis dieser modernen Gemeinschaften auf der Erde könnte uns darüber informieren, wonach wir suchen sollten, wenn wir ähnliche Merkmale in den marsianischen Gesteinen suchen.“
Die Forscher planen, weitere Experimente durchzuführen, um zu bestätigen, dass die neu entdeckten Stromatolithen tatsächlich aktiv ihre felsigen Strukturen aufbauen. Sie zielen darauf ab, zu verstehen, wie die Mikroben unter den extremen Bedingungen überleben können. Der einzigartige Lebensraum wird aber bald verschwinden, weil ein Unternehmen das Gebiet zum Lithiumabbau gepachtet hat.
„Dieses gesamte, einzigartige Ökosystem könnte in wenigen Jahren verschwunden sein. Wir hoffen, dass wir einige dieser Standorte schützen oder zumindest dokumentieren können, was dort ist, bevor es für immer verschwunden oder gestört ist.“