Reflektion des Sonnenlichts

Rätsel der Erdhemisphären endlich gelöst

Robert Klatt

Ungleiche Verteilung der Land- und Wasserflächen auf der Nord- und Südhalbkugel )ilkcötS oteR /retneC thgilF ecapS draddoG ASAN(Foto: © 

Es ist seit den 1970er-Jahren bekannt, dass die Nord- und Südhalbkugel der Erde gleich hell sind, obwohl die Kontinentverteilung sich stark unterscheidet. Nun haben Forscher des Rätsel der Erdhemisphären endlich gelöst.

Rechovot (Israel). Die Nordhalbkugel der Erde hat einen Meeresanteil von 60 Prozent, während die Südhalbkugel zu über 80 Prozent von Wasser bedeckt ist. Auf Fotos aus dem Weltraum, etwa von der Internationalen Raumstation (ISS), müsste deshalb die Südhalbkugel dunkler erscheinen, weil sie weniger Sonnenlicht reflektieren sollte als die helleren Landflächen der Nordhalbkugel. Tatsächlich sehen die beiden Erdhemisphären aus dem Weltraum aber genauso hell aus.

Analysen von Aufnahme der ersten Wettersatelliten in den 1970er-Jahren zeigen, dass das Albedo, also das Rückstrahlvermögen (Reflexionsstrahlung) der Oberfläche der Nord- und Südhalbkugel, sich nur um 0,1 Prozent unterscheiden. Wie Or Hadas vom Weizmann Institute of Science erklärt, ist dies aufgrund der großen Differenzen in der Verteilung der Kontinente überraschend.

„Diese Symmetrie ist Teil einer ganzen Klasse von hemisphärischen Auffälligkeiten, darunter die Tatsache, dass es auf beiden Halbkugeln etwa gleichviel regnet. Angesichts der großen Unterschiede in der Kontinentverteilung sind diese Symmetrien erstaunlich.“

Wolkenverteilung als Grund der Symmetrien?

Bisher ging die Wissenschaft davon aus, dass die primär durch die Wolkenverteilung verursacht wurden. Modelle der Erde ohne Wolken zeigen, dass das Albedo der Südhalbkugel um etwa zehn Prozent geringer ist. Ob die Südhalbkugel tatsächlich stärker bewölkt ist, wurde bisher aber nicht untersucht. Laut der Publikation im Fachmagazin PNAS haben die Forscher deshalb globale Wetterdaten der letzten 70 Jahre analysiert und diese mit der atmosphärischen Zirkulation und Wettermustern verknüpft.

Sturmtiefs auf der Südhalbkugel

Die Untersuchungen zeigen, dass die Bewölkung auf der Südhalbkugel tatsächlich stärker ist. Dies ist auf intensivere und länger andauernde Sturmtiefs über den Ozeanen zurückzuführen. Ihrer Analyse zufolge erzeugen kräftigere Zyklone und Antizyklone eine höhere Albedo, da sie mehr helle, niedrig liegende Wolken hervorbringen.

„Durch die größere Ozeanfläche absorbiert die Südhalbkugel mehr Sonnenstrahlung, gleichzeitig macht sie dies stürmischer. Wir finden einen starken Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Stürme in der mittleren Breiten und der Wolken-Albedo. Stürme sind demnach offenbar der verbindende Faktor zwischen der Helligkeit der Erdoberfläche und der der Wolken.“

Ihre genaue Beobachtung zeigte, dass auf der Nordhalbkugel Stürme rasch ihre Größe und Stärke einbüßen, sobald sie das Land überqueren. Da die Meeresflächen dort auch weniger weitläufig sind, entstehen seltener ausgedehnte Sturmsysteme.

Daraus ergibt sich eine ungleiche Verteilung von milden und intensiven Sturmtiefs auf unserem Planeten: Auf der Nordhalbkugel treten schwache Zyklone öfter auf. In den ausgewerteten Daten betrug das Verhältnis 350 im Norden zu 240 im Süden.

„Mittlere und starke Zyklone sind dagegen auf der Südhalbkugel häufiger (520 zu 360) und kommen über den Kontinenten des Nordens nur selten vor.“

Diese asymmetrische Verteilung der Stürme beeinflusst wiederum die Albedo: Große Bereiche der dunklen Meeresoberfläche auf der Südhalbkugel werden von leuchtenden Sturmwolken überdeckt, die mehr Licht ins Weltall zurückstrahlen. Das kompensiert die höhere Albedo der lichteren Landmassen auf der Nordhalbkugel.

„Damit klären unsere Ergebnisse eine grundlegende Frage und vertiefen unser Verständnis der irdischen Strahlenbilanz und ihrer Einflussfaktoren.“

PNAS, doi: 10.1073/pnas.2208778120

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