Robert Klatt
Der Meeresspiegelanstieg wird laut einer neuen Projektionstechnik deutlich mehr ansteigen, als die Wissenschaft bisher berechnet hat, wenn die globalen CO₂-Emissionen nicht deutlich reduziert werden.
Jurong (Singapur). Der Meeresspiegel wird in den kommenden Jahrzehnten durch den Klimawandel und das daraus resultierende Abschmelzen der Eismassen in den Gebirgen und an den Polen unweigerlich ansteigen. In der Wissenschaft herrscht jedoch noch Uneinigkeit darüber, wie stark der Meeresspiegel in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich ansteigt. Der aktuelle Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC geht mit Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent von einem Meeresspiegelanstieg zwischen 0,6 und einem Meter bis 2100 aus.
Forscher der Technischen Universität Nanyang (NTU) haben nun eine Studie publiziert, laut der der Meeresspiegelanstieg deutlich extremer ausfallen könnte. Wenn die globalen CO₂-Emissionen weiter zunehmen und das Szenario hoher Emissionen erreicht wird, wird der Meeresspiegel mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 90 Prozent um bis zu 1,90 Meter ansteigen.
Laut der Publikation im Fachmagazin Earth's Future haben die bisherigen Prognosen zum Meeresspiegelanstieg unterschiedliche Modelle verwendet, die jeweils andere Klimaprozesse betrachten. Manche Modelle basieren vor allem auf gut verstandenen Prozessen wie dem Abschmelzen der Gletscher, während andere Modelle auch unsichere Faktoren wie plötzliche Eisschelfabbrüche berücksichtigen. Es kam deshalb zu deutlichen Unterschiedenen in den Prognosen, aufgrund derer der IPCC bisher keine Prognose mit einer sehr hohen Eintrittswahrscheinlichkeit abgeben konnte.
Die Wissenschaftler der NTU haben deshalb den sogenannten Fusionansatz, eine neue, bessere Projektionstechnik, entwickelt. Diese Methode kombiniert die Vorteile der bereits bestehenden Modelle mit weiteren Experteneinschätzungen und liefert die bislang zuverlässigste Prognose zum Meeresspiegelanstieg bis 2100.
Earth's Future, doi: 10.1029/2024EF005295