Neuer Algorithmus

Satellitendaten ermöglichen Prognose von Vulkanausbrüchen

Robert Klatt

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Es gibt rund 1.500 aktive Vulkane auf der Erde. Viele dieser Vulkane sind gründlich erforscht und werden von zahlreichen Frühwarnsystemen überwacht, um einen Ausbruch akkurat vorherzusagen. Aber manche Vulkane sind zu abgelegen, um sie ständig zu beaufsichtigen und so kann es gelegentlich zu großen Katastrophen kommen. Durch Zufall haben Wissenschaftler nun eine Methode gefunden, um Satelliten besser zur Überwachung aktiver Vulkane zu nutzen.

White Island (Neuseeland). Whakaari, auch White Island genannt, ist eine kleine Insel im Norden von Neuseeland. Sie besteht vollständig aus einem Vulkan, welcher momentan als aktiv gilt. Die Insel wurde 1769 von James Cook gefunden; er nannte sie White Island, weil schon damals weißer Rauch über der Insel aufstieg. Allerdings erkannte er nicht, dass es sich dabei um die Dämpfe eines Vulkans handelte.

Auf White Island kam es in den letzten Jahren immer wieder zu kleineren Eruptionen, welche nicht weiter von Bedeutung waren. Auch deshalb ist der Vulkan ein beliebtes Ziel von Touristen. Diese dürfen mit ausgebildeten Führern die Insel besuchen, um einen aktiven Vulkan aus der Nähe zu bestaunen. Zudem ist ein Großteil der Insel ist von gelbem Schwefel bedeckt und es gibt mehrere beeindruckende Vogelkolonien, welche zwischen dem bergigen Terrain ihre Brutstätten haben.

Der Ausbruch 2019

Am 9. Dezember 2019 kam es schließlich zu einem größeren Ausbruch. Bereits eine Woche vorher war die Vulkanalarmstufe nach einigen kleineren Unruhen auf Stufe 2 hochgesetzt worden. Trotzdem durften Touristen die Insel weiterhin besuchen und am 9. Dezember befanden sich zum Ausbruch 47 Menschen in der Nähe des Vulkans. Es gab 22 Todesopfer und mehrere Verletzte. Das letzte Opfer, ein Deutscher, starb erst am 22. Juli infolge seiner schweren Verletzungen.

Satellit war zufällig in der Nähe

Das Unglück hätte verhindert werden können, wenn die Insel bereits bei der Warnstufe zwei gesperrt worden wäre. Doch hier ist zu beachten, dass es in den letzten Jahren etliche Male zu einer Erhöhung der Warnstufe kam, ohne dass der Vulkan tatsächlich ausbrach. Das Frühwarnsystem der Vulkaninsel war also nicht akkurat genug, um einen tatsächlichen Ausbruch vorherzusagen. Doch welche zusätzlichen Möglichkeiten zur besseren Überwachung gibt es?

Diese Frage stellte sich auch eine Forschergruppe aus Neuseeland, als sie die Eruption von 9. Dezember genauer untersuchten. Durch Zufall fanden sie heraus, dass zum Zeitpunkt der Eruption ein Satellit über den Vulkan geflogen war. Dieser war Sentinel-5P, ein Satellit ausgerüstet mit TROPOMI. Dabei handelt es sich um ein Instrument mit welchem die Zusammensetzung der Atmosphäre durch Lichtanalysen genauer untersucht werden kann. Bei der Auswertung der Daten fanden die Forscher heraus, dass zum Zeitpunkt des Ausbruchs sehr viel Schwefeldioxid in die Atmosphäre gestiegen war, wie es bei einem Ausbruch üblich ist.

Algorithmus dreht die Zeit zurück

Durch die vielen verfügbaren Daten konnten die Forscher einen Algorithmus schreiben, welcher den Anteil von Schwefeldioxid in der Rauchwolke des Vulkans vor, während und nach der Eruption ermitteln konnte. Dadurch konnten sie feststellen, dass sich das ausgestoßene Schwefeldioxid rund 40 Minuten vor dem Ausbruch von 10 Kilogramm pro Sekunde auf 45 Kilogramm pro Sekunde erhöhte. Dies ist ein klares Anzeichen für einen bevorstehenden Ausbruch.

Satelliten als Ergänzung zu Bodenstationen

Das Ergebnis der Studie, welche im Fachmagazin Science Advances veröffentlicht wurde, ist das erste Mal, dass Satelliten in dieser Form zum Einsatz kommen. In Zukunft sollen Satelliten traditionelle Messungen am Boden nicht ersetzen, sondern viel mehr als zusätzliches Warnsystem dienen. Da es bereits mehrere Satelliten mit ähnlichen Instrumenten wie TROPOMI im Orbit gibt, müssen nicht einmal neue gebaut werden.

Die neue Methode eignet sich hervorragend bei zum Ermitteln von Ausbrüchen bei Vulkanen, welche durchweg aktiv sind, wie beispielsweise White Island. In manchen Fällen lässt sich ein Ausbruch auch nur durch das plötzliche Auftauchen einer Rauchfahne vorhersagen. Doch da jeder Vulkan individuell ist, ist es äußerst praktisch, über zusätzliche Instrumente zum Messen potenzieller Eruptionen zu verfügen. Denn der Ausbruch am 9. Dezember 2019 zeigt, dass es bei Vulkanen nie genug Vorsichtsmaßnahmen gibt.

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abg1218

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