Robert Klatt
Im frühen Universum ist die Erde mit dem Urplaneten Theia kollidiert. Dabei bildete sich der Mond. Neue Daten zeigen nun, dass Überreste von Theia sich noch immer im Erdinneren befinden.
Pasadena (U.S.A.). Der Himmelskörper Theia und die Erde sind vor etwa 4,6 Milliarden Jahren kurz nach der Entstehung unseres Sonnensystems zusammengestoßen. Die bei der Kollission in den Weltraum geschleuderten Gesteine bildeten den Mond. Forscher des California Institute of Technology (Caltech) haben nun entdeckt, dass sich noch immer Überreste des Urplaneten Theia im Erdinneren befinden.
Die Geologie entdeckte bereits in den 1980er-Jahren in der Nähe des Erdzentrums unter dem afrikanischen Kontinent und unter dem Pazifik zwei Klumpen aus einem ungewöhnlichen Material. Die Klumpen sind etwa doppelt so groß wie der Mond und sind wahrscheinlich aus unterschiedlichen Elementanteilen zusammengesetzt. Ihre Dichte ist laut Messungen etwa zwei bis dreieinhalb Prozent höher als die des umgebenden Materials.
„Seismische Untersuchungen des Erdinneren zeigen zwei Kontinent-große Regionen, in denen sich seismische Wellen ungewöhnlich langsam ausbreiten.“
Die Wissenschaft hat schon lange vermutet, dass die sogenannten Large Low-Velocity Provinces (LLVPs) durch die Kollission der Erde und Theia entstanden sind. Bisher konnte die Annahme aber nicht belegt werden.
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature haben die Forscher des Caltech deshalb komplexe Computersimulationen erstellt, die untersucht haben, wie solche dichteren Regionen im Erdinneren entstehen können. Die Berechnungen der Computersimulationen stimmen mit den seismologischen Analysen überein und zeigen, dass die wahrscheinlichste Ursache der Anomalien im Erdinneren eine Kollission von Himmelskörpern während der Planetenentstehung ist und es sich dabei um Überreste von Theia handelt.
„Unsere Simulationen des Zusammenpralls zeigen, dass ein Teil des Mantels von Theia in den unteren Mantel der Erde gewandert sein könnte.“
Überdies zeigt die Simulation, dass die Bruchstücke von Theia im Erdinneren bis zu fünfzig Kilometer groß waren. Im Erdinneren, oberhalb des Erdkerns, entstanden aus innen dann die noch heute existierenden großen Klumpen.
Diese massiven Verdichtungen scheinen sich über einen Zeitraum von mehr als viereinhalb Milliarden Jahren im Erdmantel konserviert zu haben. Ein weiteres Anzeichen, welches die These unterstützt, findet sich auf den Hawaii-Inseln. Dort gibt es eine spezielle Art von vulkanischem Basalt, dessen chemische Zusammensetzung verblüffende Ähnlichkeiten mit dem Gestein der Mondoberfläche aufweist. Es ist möglich, dass dieses Gestein aus einer tief unter Hawaii gelegenen Schicht stammt, die aus Theia-Material besteht.
„Große Zusammenstöße sind eine häufige Erscheinung in der letzten Phase der Planetenentstehung. Ähnliche Inhomogenitäten dürfte es deshalb auch im Inneren anderer Planeten geben.“
Das entwickelte Modell liefert nicht nur wichtige Erkenntnisse für das System aus Erde und Mond. Es birgt zudem das Potenzial, möglicherweise Hinweise auf frühere Kollisionen tief im Erdinneren zu entdecken.
Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06589-1