Robert Klatt
Eine Studie hat anhand von 1,2 Millionen Todesfällen analysiert, wie viele Lebensjahre Covid-19 gekostet hat. Auf Menschen unter 75 Jahren entfallen 75 Prozent der verlorenen Lebensjahre.
Rostock (Deutschland). Eine Studie des Imperial College London hat ermittelt, dass Covid-19 und mittelbare Todesfälle eine Übersterblichkeit von bis zu 38 Prozent in Europa ausgelöst haben. Um die tatsächlich durch die Covid-19-Pandemie verlorene Lebenszeit zu ermitteln, muss neben Anzahl der Toten aber auch deren Alter berücksichtigt werden. Es kann so berechnet werden, wie stark ihre Leben im Vergleich zur mittleren Lebenserwartung durch die Viruserkrankung verkürzt wurden.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock und der Universitat Pompeu Fabra in Spanien haben nun 1,2 Millionen Todesfälle aus 81 Ländern analysiert.
Laut der Publikation im Fachmagazin Scientific Reports gingen bisher 20,6 Millionen Lebensjahre durch Covid-19 verloren.
Mikko Myrskylä, Direktor des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung: „Menschen in der Mitte ihres Lebens und im frühen Rentenalter tragen im weltweiten Vergleich den größten Anteil an den insgesamt verlorenen Lebensjahren.“
Weltweit entfallen lediglich 25 Prozent der verlorenen Lebensjahre auf Menschen über 75 Jahre. Menschen zwischen 55 und 75 Jahren haben an einen Anteil von 45 Prozent an den verlorenen Lebensjahren und Menschen unter 55 Jahren einen Anteil von 30 Prozent. Es entfallen somit 75 Prozent der verlorenen Lebensjahre auf Opfer unter 75 Jahren.
Die Studie widerspricht somit deutlich der Meinung, dass die Folgen von Covid-19 vor allen Menschen treffen, die ohnehin nur noch wenige Jahre leben würden.
Mikko Myrskylä: „Deshalb sollten auch Maßnahmen ergriffen werden, die jüngere Teile der Bevölkerung schützen.“
Die Studie zeigt, dass vor allen das Wohlstandsniveau eines Landes entscheidend für die Verteilung der verlorenen Lebensjahre ist. In Ländern mit hohen Einkommen wie Deutschland entfällt mehr als die Hälfte der verlorenen Lebensjahre die älteste Bevölkerungsgruppe über 75 Jahren. In Ländern mit mittlerem und niedrigem Lohnniveau nimmt die Anzahl der verlorenen Lebensjahre in der Bevölkerungsgruppe unter 55 Jahren deutlich zu.
In besonders stark betroffenen Ländern wie Spanien und Italien hat die Bevölkerung durch Covid-19 neun Mal mehr Lebensjahre als in einer mittleren Grippesaison verloren.
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-021-83040-3