Robert Klatt
Der gesellschaftliche Wert einer Impfung liegt in Deutschland bei etwa 1.500 Euro. Ein Teil könnte davon als Prämie ausgezahlt werden, um die Impfbereitschaft zu erhöhen. 500 Euro Impfprämie würden laut einer Modellrechnung zu einer Impfquote von 90 Prozent führen.
Siegen (Deutschland). Die Impfkampagne in Deutschland wurde bis vor wenigen Wochen noch durch die Knappheit bei den Impfdosen gebremst. Inzwischen ist die Verfügbarkeit zwar deutlich besser, es stellt sich aber wie auch in anderen Ländern nun die Frage, ob sich überhaupt genügend Menschen impfen lassen wollen. Als neues Ziel hat das Robert Koch-Institut (RKI) aufgrund der Delta-Variante von SARS-CoV-2 eine Impfquote von mindestens 85 Prozent festgelegt.
Diese ist laut den Experten „notwendig und auch erreichbar“ aber nur dann, wenn bisher ungeimpfte Menschen motiviert werden, sich ebenfalls impfen zu lassen. Jens Spahn, Gesundheitsminister (CDU) erklärte dazu via Twitter, dass das Impftempo zwar noch sein, doch dass „wir einen nationalen Impf-Ruck brauchen, um es im Juli und August weiter zu halten“.
Um das Impftempo beizubehalten, fordern deshalb die Wissenschaftler Ekkehard Köhler von der Uni Siegen und Jan Schnellenbach von der TU Cottbus-Senftenberg eine Prämie, die Menschen dazu motivieren soll, sich impfen zu lassen. Gegenüber der FAZ erklärte Schnellenbach, dass diese durchaus substanziell sein könnte. Konkret gemeint sind damit 200 bis 300 Euro. Außerdem hält Schnellenbach auch eine Anwerbeprämie für Geimpfte vor, die Freunde oder Familienmitglieder dazu motivieren, sich impfen zu lassen.
Auch die Ökonomin Nora Szech vom Karlsruhe Institute of Technology (KIT) hält einen finanziellen Anreiz für sinnvoll. „Mit einer Prämie von 100 Euro kommen wir in Richtung 80 Prozent Impfbereitschaft. Mit 500 Euro erreichen wir 90 Prozent“, erklärt Szech. Die Grundlage für diese Aussagen bildet eine Studie, die Szech bereits im April veröffentlicht hatte. Hohe Zahlungen erhöhen demnach die Impfbereitschaft, während geringe Prämien die Impfbereitschaft sogar reduzieren, weil sie die empfundene Bedeutung abschwächen.
Der gesellschaftliche Wert einer Impfung liegt laut einer Studie des Ifo-Instituts bei rund 1.500 Euro. Szech plädiert seit Längerem für eine Prämie, die einen Teil davon an die Bürger auszahlen würde. Damit kein Anreiz dazu geschaffen wird mit der Impfung bis zur Einführung der Prämie zu warten, sollen auch Menschen, die bereits geimpft sind, die eventuell kommende Prämie erhalten.
In anderen Ländern wurde bereits eine entsprechende Prämie eingeführt. Junge Erwachsene in Griechenland erhalten, wenn sie sich impfen lassen oder bereits geimpft werden 150 Euro. „Jetzt sind wir an dem Punkt, dass das Impfangebot die Impfnachfrage übersteigt. Ich finde es schade, dass wir so lange gewartet haben. Das hätte man schon vor Wochen angehen können. Wir werden um Kompensationen nicht herumkommen“, konstatiert Szech.