Dennis L.
Neurodermitis, auch bekannt als atopisches Ekzem, ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die vor allem Kleinkinder und jüngere Erwachsene betrifft. In letzter Zeit häufen sich jedoch die Fälle bei älteren Erwachsenen. Die Ursache dafür ist noch nicht zweifelsfrei geklärt, Forscher vermuten jedoch einen Zusammenhang mit der zunehmenden Luftverschmutzung.
Bonn (Deutschland). Bei Neurodermitis handelt es sich um eine nicht ansteckende, aber chronisch-entzündliche Hautkrankheit, welche überwiegend Säuglinge, Kinder und Jugendliche entwickeln. Umso ungewöhnlicher, dass immer mehr Dermatologen Neurodermitis nun bei älteren Erwachsenen diagnostizieren.
„Die Patientengruppe der älteren Menschen mit Neurodermitis wurde jahrelang weitgehend übersehen“, klärt Prof. Dr. Dr. Thomas Bieber von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Bonn in einem Interview mit der Deutschen Haut- und Allergiehilfe auf. „In letzter Zeit kommen immer mehr Erwachsene mit entsprechenden Symptomen in meine Sprechstunde.“
Entgegen früheren Annahmen wächst die atopische Dermatitis nicht aus, sondern kann im Erwachsenenalter oder sogar bei Senioren nach langen symptomfreien Phasen wieder ausbrechen. Es kann sogar vorkommen, dass sich Neurodermitis erstmalig im Erwachsenenalter entwickelt. Wie schlimm sich die Ekzeme entwickeln und wie stark sich die Neurodermitis ausgeprägt, ist von Patient zu Patient unterschiedlich und hängt mit dem Alter und der gesundheitlichen Vorgeschichte zusammen.
Neurodermitis hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Lebensqualität alter Menschen. Sie ist gekennzeichnet durch starke Hautrötungen, oft mit schuppiger Struktur und sehr starkem Juckreiz. Die auslösenden Mechanismen werden noch erforscht, aber es wird vermutet, dass die Kombination aus Stress, hormonellen Veränderungen, hautreizenden Umweltfaktoren und einer geschädigten Hautbarrierefunktion im Alter eine Rolle für die Aufrechterhaltung oder Verschlimmerung der Neurodermitis bei älteren Menschen spielt. In einer von unserer Arbeitsgruppe durchgeführten epidemiologischen Studie zeigte sich dieser Zusammenhang insbesondere bei Frauen ohne Neurodermitis-Vorgeschichte und ohne erblichen Hintergrund.
Mit zunehmendem Alter verändert sich die Haut: Die Barrierefunktion nimmt ab, die Haut wird trockener und anfälliger für Reizungen - vor allem im Gesicht. Ältere Patienten, die zu Ekzemen neigen, müssen sich daher möglicherweise an eine neue Routine gewöhnen und ihre Haut morgens und abends eincremen. Diese neuen Pflegeroutinen sind vor allem bei Neurodermitis im Gesicht Bestandteil jeder Basistherapie, welche die Grundlage eines jeden Behandlungsplans, der je nach Schweregrad des Ekzems durch äußerlich anzuwendende oder innerlich wirkende Medikamente ergänzt wird, schreibt die GD Gesellschaft für Dermopharmazie e.V. in einer Stellungnahme.
Betroffene müssen sich unter Umständen von ihrer Lieblings-Bodylotion trennen, wenn diese zum Beispiel hautreizende Duft- oder Konservierungsstoffe enthält. Zur Stärkung der Hautbarriere sind geeignete Fette und Feuchthaltefaktoren wie Glycerin unverzichtbar, bei Neurodermitis sind entzündungshemmende Rezepturen hilfreich. Inzwischen gibt es auch Basispflegeprodukte mit zusätzlichen Wirkstoffen. Ihr positiver Einfluss auf die Haut muss jedoch durch aussagekräftige Studien belegt sein. Ein Beispiel ist junger Haferextrakt, der nachweislich entzündungshemmend wirkt und das überaktive Immunsystem der Haut bei Neurodermitis reguliert.
Noch ist nicht eindeutig geklärt, welche Ursache die zunehmenden Neurodermitis-Diagnosen von Hautärzten bei älteren Erwachsenen haben. Erste Forschungen nach möglichen Ursachen schließen eine genetische Komponente mit einer Neurodermitis im Kindesalter nicht aus. Jedoch deuten Studien darauf hin, dass die zunehmende Luftverschmutzung, vor allem in Ballungsgebieten, ein nicht unerheblicher Faktor ist. Die Forscher gehen davon aus, dass die Schadstoffe in der Luft das Immunsystem der Haut schwächen und in Kombination mit einer Neurodermitis-Vorgeschichte, die Hautkrankheit daher im Alter nochmals ausbricht. Die Ergebnisse müssen jedoch noch bestätigt werden.
Environmental Health; doi: 10.1016/j.ijheh.2018.06.002