Robert Klatt
Gehirne von Jugendlichen, die regelmäßige Soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram nutzen, unterscheiden sich von moderaten Nutzer stark. Laut der Studie ist es möglich, dass die Netzwerke ihre Nutzer sensibler für das Feedback anderer Personen machen.
Chapel Hill (U.S.A.). Wissenschaftler der University of North Carolina at Chapel Hill haben 178 Zwölfjährige zu ihrem Nutzungsverhalten bei Facebook, Instagram und Snapchat befragt. Kinder, die die Sozialen Netzwerke über 14-mal täglich aufrufen, teilten sie in die Gruppe der gewohnheitsmäßigen Nutzer ein, Kinder, die darunter lagen, in die Gruppe der moderaten Nutzer. Probanden mit weniger als einem täglichen Aufruf stuften die Forscher als nicht-gewohnheitsmäßige Nutzer ein.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin JAMA Pediatrics untersuchten die anschließend die Gehirne der gewohnheitsmäßigen und moderaten Nutzer (169 der 178 Kinder (94,94 %)) mit der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRI), während diese ein Computerspiel spielten. In Abhängigkeit von der Reaktionsgeschwindigkeit der Probanden auf bestimmte Einblendungen wurden ihnen als Belohnung oder Bestrafung positive und negative Emoticons angezeigt.
Nach ein und zwei Jahren wurde das Experiment wiederholt. Alle drei Hirnscans durchliefen 124 der ehemals 169 Probanden (73,81 %) aus den Gruppen der gewohnheitsmäßigen und moderaten Nutzer. Die Analyse der Hirnscans zeigte unterschiedliche Aktivierungen in Regionen des Gehirns, die mit der Regulierung und Kontrolle sowie dem Erkennen von Unterschieden in der Umgebung in Verbindung stehen.
Die Daten liefern laut den Studienautoren Hinweise darauf, dass die gewohnheitsmäßige Nutzung sozialer Netzwerke Kinder und Jugendliche sensibler für Feedback anderer Personen macht. Bei den Probanden, die seltener in den Sozialen Netzen unterwegs waren, sank im Studienzeitraum hingegen das Interesse an Feedback in Form der Emoticons.
Anzumerken ist hierbei ein Problem im Studiendesign. Die Wissenschaftler erhoben lediglich zu Studienbeginn die Häufigkeit der Abrufe der Sozialen Netzwerke, untersuchten aber nicht, ob sich das Nutzungsverhalten in den zwei Jahren änderte. Zudem liefert die Studie nur Aussagen über die generelle Richtung der Gehirnveränderungen, aber nicht über deren Ausmaß.
Zudem erklären die Autoren, dass ihre Studie die klassische Henne-oder-Ei-Frage nicht beantworten kann. Es ist also weiterhin unklar, ob die Gehirnveränderungen durch die häufige Nutzung der Sozialen Netzwerke entstehen oder ob Personen, bei denen die Gehirnveränderungen ohnehin vorliegen, dazu tendieren, Soziale Netzwerke öfter aufzurufen. Es wäre also auch möglich, dass extrovertiertere Menschen, die mehr Wert auf Rückmeldungen anderer Personen legen, Soziale Netze öfter nutzen und dass die Gehirnscans lediglich ihre Extrovertiertheit zeigen.
Um die langfristigen Effekte der regelmäßigen Nutzung sozialer Medien besser verstehen zu können, wollen die Wissenschaftler deshalb weitere Studien durchführen, die bereits im früheren Kindesalter starten.
JAMA Pediatrics, doi: 10.1001/jamapediatrics.2022.4924