Robert Klatt
Laut einer Langzeitstudie mit fast 500 Personen hinterlässt Armut im Kindesalter Veränderungen im Erbgut, die sich möglicherweise auch bei Erwachsenen noch negativ auf die Gesundheit auswirken.
Evanston (U.S.A.). Das Armut sich in vielen Fällen direkt zum Beispiel durch schlechtere Bildungschancen oder soziale Benachteiligung auf das Leben von Menschen auswirkt ist seit langem bekannt. In den vergangenen Jahren haben Studien ebenfalls belegt, dass Armut sich selbst in Industrieländer wie Deutschland auf die Gesundheit auswirkt. Dies äußerst sich unteranderem durch ein überdurchschnittlich hohes Auftreten von Krankheiten wie Diabetes und Übergewicht aber auch durch häufigere Herzinfarkte und Schlaganfälle sowie in psychische Erkrankungen wie Depressionen, die bei ärmeren Menschen ebenfalls öfter vorkommen. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Armut bei Kindern und Jugendlichen auch im späteren Leben noch Auswirkungen auf die Gesundheit hat selbst dann, wenn betroffene Personen als Erwachsene nicht länger in armen Verhältnissen leben.
Welche Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass der frühere sozioökonomische Status Langzeitfolgen im Körper auslöst war bisher jedoch noch nicht bekannt. Laut einer kürzlich im Fachmagazin American Journal of Physical Anthropology veröffentlichten Studie haben Wissenschaftler der Northwestern University in Evanston das Epigenom, also nicht die DNA selbst, sondern Methylgruppen am Erbgutstrang die essentiell für die Aktivität der Gene sind, untersucht, um herauszufinden, ob Armut Spuren im Erbgut hinterlässt, die langfristig die Gesundheit beeinflussen.
Während der Langzeitstudie haben die Wissenschaftler dazu das Epigenom von 489 jungen Männern auf den Philippinen untersucht, die als Kinder und Jugendliche in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sind und zum großen Teil nur über eine geringe Bildung verfügen. Um Spuren nachzuweisen, haben die Wissenschaftler analysiert wo im Erbgut der Probanden Methylgruppen, also Kohlenwasserstoffgruppen die das Ablesen der Gene durch ihren Sitz an der DNA blockieren, auftreten. Anschließend wurden die Daten mit Daten von jungen Männern verglichen, die in der Mittelschicht aufgewachsen sind.
Die Analyse ergab, dass selbst wenn weitere Einflussfaktoren ausgeklammert werden, an 2546 Stellen im Erbgut bei der Methylierung Unterschiede zwischen Personen die in Armut aufgewachsen sind und Personen die aus sozioökonomisch besser gestellten Familien kommen bestehen. 1777 Stellen zeigten bei ärmeren Personen eine erhöhte Methylierung, während an 769 Stellen im Epigenom eine geringere Methylierung festgestellt wurde. Insgesamt waren 1537 Gene von der Veränderungen betroffen.
Laut Thomas McDade, Erstautor der Studie „haben die Analysen eine Überrepräsentierung von Stoffwechselwegen gezeigt, die mit der Immunfunktion, der Skelettentwicklung und der Entwicklung des Nervensystems zusammenhängen.“ Die Wissenschaftler schlussfolgern daraus, dass Armut Spuren im Genom hinterlässt. In weiteren Studien soll nun untersucht werden, ob und welche Folgen die DNA-Methylierung auf auf physiologische Systeme und Prozesse hat.