Robert Klatt
Laut den Ergebnissen der Studie sind die derzeitigen Grenzwerte der einzelnen Länder teilweise deutlich zu hoch. Bereits mehr als fünf Bier pro Woche verkürzen die Lebenserwartung.
Cambridge (England). Innerhalb der Europäischen Union (EU) gibt es aktuell noch keine einheitliche Empfehlung darüber wie viel Alkohol von Erwachsenen höchsten konsumiert werden sollte, ohne dass dadurch die Gesundheit Schaden nimmt. Während in Portugal für einen Mann bis zu 40 Gramm Alkohol pro Tag als unbedenklich eingestuft wurden und auch für italienischen Frauen diese Menge als ungefährlich genannt wird, empfiehlt Frankreich beiden Geschlechtern maximal 30 Gramm Alkohol pro Tag zu sich zu nehmen. Deutschland hingegen empfiehlt Frauen höchstens 12 Gramm Alkohol pro Tag zu konsumieren, Männer sollen mit 24 Gramm Alkohol pro Tag die doppelte Menge ohne Gesundheitsprobleme vertragen.
Laut einer Studie der University of Cambridge liegt der tatsächliche Grenzwert, bis zu dem Alkoholkonsum als ungefährlich eingestuft werden kann, mit 100 Gramm Alkohol pro Woche deutlich unter den Höchstgrenzen der meisten EU-Mitgliedsstaaten. Ausgewertet haben die Wissenschaftler laut der im Fachmagazin The Lancet veröffentlichten Studie Gesundheitsdaten von etwa 600.000 Probanden.
Vor der Veröffentlichung der Studie war zwar bereits bekannt, das Alkohol das Risiko an verschiedenen Krebsarten zu erkranken steigert und Gehirnschäden auslöst, die auch nach mehreren Wochen Abstinenz noch vorhanden sind sowie für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich ist, ab welchen Höchstmengen diese Folgen eintreten war aber weitestgehend unerforscht.
Um nach wissenschaftlichen Maßstäben einen Grenzwert für den Alkoholkonsum zu definieren, haben die Forscher Daten von 599.912 Menschen aus 19 Ländern mit hohen Einkommen ausgewertet, die zu Beginn der Studie keine Herzprobleme hatten. Die Probanden wurden innerhalb der Studie anhand ihres Alkoholkonsums in Untergruppen unterteilt.
Anschließend beobachteten die Mediziner über neun Jahre wie oft es in den einzelnen Gruppen zu Todesfälle kam und wie oft Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftraten. Von den 599.912 Probanden verstarben innerhalb des Studienzeitraums 40.310 Personen. Die erhobene Daten zeigen deutlich, dass ein höherer Alkoholkonsum zu einem höheren Sterberisiko führt, allerdings erst dann, wenn mehr als 100 Gramm Alkohol pro Woche, dies entspricht etwa fünf 0,5 Liter Flaschen Bier, konsumiert wird.
Personen, die zwischen 100 und 200 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren verkürzen damit im Vergleich zu Personen, die maximal 100 Gramm Alkohol pro Woche trinken ihre Lebenserwartung um etwa sechs Monate. Bei Personen, die 200 und 350 Gramm Alkohol pro Woche konsumieren verkürzt sich die Lebenserwartung um ein bis zwei Jahre und Personen, die mehr 350 Gramm Alkohol pro Woche zu sich nehmen sterben vier bis fünf Jahre früher.
Besonders deutlich kann man den Einfluss des Alkohols bei Sterbefällen aufgrund von Bluthochdruck erkennen. 100 Gramm Alkohol pro Woche oberhalb des empfohlenen Grenzwerts lassen das Risiko an Bluthochdruck zu sterben jeweils um 24 Prozent steigen. Ähnlich verhält sich das Sterberisiko beim Schlaganfall, wo es ebenfalls pro 100 Gramm Alkohol über dem Grenzwert um jeweils 14 Prozent steigt.
Paradoxerweise zeigt die Studie bei Herzinfarkten gegenteilige Ergebnisse, was bedeutet, dass das Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben mit der Alkoholmenge sinkt.
The Lancet, doi: 10.1016/S0140-6736(18)30134-X