D. Lenz
Eigentlich gilt: Das menschliche Auge ist nicht für infrarotes Licht (IR) bestimmt. Wie beim Hören sind aber auch beim Sehen die Übergänge fließend und der wahrnehmbare Frequenzbereich von Mensch zu Mensch unterschiedlich, wenn auch nur in marginaler Ausprägung. Immer wieder gab es Ärzte, die behaupteten, einer ihrer Patienten könne IR sehen, was allgemein nicht ernstgenommen wurde. An der Washington University ist man dieser Streitfrage auf den Grund gegangen.
St. Louis (U.S.A.). Ein Team von Wissenschaftlern um Dr. Vladimir J. Kefalov fand heraus, dass Menschen unter bestimmten Umständen tatsächlich in der Lage sind, nahes Infrarot (Wellenlänge: 780 nm bis 3 µm) zu sehen, das direkt an den Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts anschließt. Ihre Studie publizierten sie im Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).
Die Untersuchungen ergaben, dass Menschen offenbar in der Lage sind Wellenlängen im Bereich von bis zu 1.000 nm wahrzunehmen, wenn die richtigen Bedingungen herrschen. Eine zufriedenstellende Erklärung hat die Gruppe von Forschern dafür jedoch noch nicht.
Das menschliche Auge ist eines unserer fünf Sinnesorgane und eng mit dem Gehirn verbunden. Gemeinhin gilt es wohl als am wenigsten entbehrlich. Der „Sehprozess“ selbst, welcher zwangsläufig bei geöffneten Augen im Wachzustand stattfindet, ist dabei ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Einzelbestandteile des Organs. Weitere Informationen dazu gibt es hier.
Das Spektrum des sichtbaren Lichts umfasst laut herrschender Lehrmeinung Wellenlängen von etwa 380 bis 780 nm. Muss sie aufgrund der Entdeckung der US-Wissenschaftler bald umgeschrieben werden?
Natürlich ist es nicht ohne Weiteres möglich, infrarotes Licht zu sehen, das hätten wir Menschen wohl längst bemerkt. Kefalov und seine Kollegen arbeiteten daher auch mit schnell gepulsten Infrarot-Lasern. Durch Zufall bemerkten die Forscher, dass bei ihren Experimenten mit diesen Lasern sichtbare Lichtblitze auftraten. Euphorisiert durch diese Entdeckung forschte man nach, an der Washington University.
Weitere Experimente ergaben, dass bei besonders kurzen Lichtpulsen die Wahrscheinlichkeit steigt, das Licht des Infrarot-Lasers wahrzunehmen. Eine Erklärung dafür könnten sogenannte „Doppeltreffer“ von Photonen liefern.
Wie Dr. Vladimir Kefalov und sein Team erklären, liegt die Wahrnehmung des IR wahrscheinlich daran, dass dank des kleinen Abstands der Pulse in manchen Fällen zwei statt einem Photon gleichzeitig auf die Retina (Netzhaut) treffen. Die Energie von zwei Photonen mit einer Wellenlänge von 1000 nm könne sich dann addieren und dafür sorgen, dass das Sehorgan eine Wellenlänge von 500 nm wahrnimmt. Dadurch wird das vermeintlich Unsichtbare sichtbar.