Robert Klatt
Das Deaktivieren des entzündungsfördernden Proteins Interleukin 11 (IL-11) erhöht die Lebenserwartung stark. Unterschiedliche Krankheiten, darunter Krebs, Fibrose und ein schlechter Stoffwechsel, treten deutlich seltener auf, während Nebenwirkungen selten sind.
London (England). Die Wissenschaft versucht bereits seit Langem, den Alterungsprozess zu verlangsamen. Forscher der Universität Cork haben etwa mit Stuhltransplantationen von jungen Mäusen Alterungsprozesse im Gehirn gestoppt und damit die Gedächtnisleistung alter Tiere signifikant verbessert, während ein Team der Juntendo Universität mit einem Impfstoff seneszente Zellen (Zombiezellen) eliminiert hat, die mit dem Alterungsprozess in Verbindung stehen.
Wissenschaftler des Imperial College London um Stuart Cook haben nun im Fachmagazin Nature eine neue Studie publiziert, laut der das Ausschalten des Proteins Interleukin 11 (IL-11) die Lebenserwartung von Mäusen im Mittel um knapp ein Viertel erhöhen kann. Die Tiere lebten im Mittel fast drei Jahre, während die unbehandelten Mäusen nach zweieinhalb Jahren starben.
Um die Auswirkungen des entzündungsfördernden Proteins IL-11 zu untersuchen, haben die Forscher bei Mäusen vor ihrer Geburt das Gen entfernt, das für die Produktion des entzündungsfördernden Proteins IL-11 verantwortlich ist. Die Lebensdauer der Mäuse ist dadurch durchschnittlich um 20 Prozent gestiegen. Bei anderen Mäusen im Alter von 75 Wochen, was beim Menschen einem Alter von etwa 55 Jahren entspricht, haben die Wissenschaftler die Auswirkungen des Proteins IL-11 mit einem Medikament unterdrückt. Die Mäuse wurden dadurch im Mittel 25 Prozent älter.
Durch das Ausschalten des entzündungsfördernden Proteins kam es bei den Tieren zu deutlich weniger Krebserkrankungen. Auch andere Krankheiten, darunter chronische Entzündungen, Fibrose und ein schlechter Stoffwechsel, nahmen ab und alle Biomarker des Alters waren geringer. Nebenwirkungen wurden bei den Mäusen kaum beobachtet.
„Diese Ergebnisse sind sehr aufregend. Die behandelten Mäuse hatten weniger Krebs und waren frei von den üblichen Anzeichen von Alterung und Gebrechlichkeit.“
Laut den Forscher könnten die Erkenntnisse als Basis für ein neues Anti-Aging-Mittel für Menschen dienen. Derzeit finden bereits klinische Studien statt, in denen Anti-IL-11-Behandlungen gegen unterschiedliche Erkrankungen erprobt werden. Die dabei gewonnenen Daten können ebenfalls Informationen darüber liefern, ob und wie die Behandlung den Alterungsprozess beim Menschen beeinflusst.
„Obwohl diese Ergebnisse nur an Mäusen gewonnen wurden, besteht die verlockende Möglichkeit, dass die Medikamente bei älteren Menschen eine ähnliche Wirkung haben könnten.“
Nature, doi: 10.1038/s41586-024-07701-9