Robert Klatt
Bakterien, die die WHO als besonders gefährlich einstuft, haben gegen eine neue Wirkstoffkombination aus antimikrobiellen Substanzen bereits eine Resistenz entwickelt, obwohl die neue „Waffe“ bisher nur in klinischen Studien erprobt wurde.
Gießen (Deutschland). In Europa sterben pro Jahr mehr als 33.000 Menschen an multiresistenten Bakterien. Am gefährlichsten stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Bakterien ein, die sowohl gegen herkömmliche Antibiotika als auch gegen Notfall-Antibiotika aus der Klasse der Carbapeneme Resistenten entwickelt haben. In der Medizin gelten Carbapeneme als letztes Mittel gegen viele multiresistente Krankheitserreger.
In den letzten Jahren wurden jedoch vermehrt Bakterien entdeckt, die auch gegen die Carbapeneme resistent waren. Diese bilden ein Enzym, das den Wirkstoff abbaut. „Bisher sind Infektionen mit solchen Carbapenem-resistenten Erregern oft nur sehr schwer zu behandeln, da die Therapieoptionen mit vorhandenen Antibiotika stark eingeschränkt oder sogar gar nicht mehr gegeben sind“, erklärt Can Imirzalioglu vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).
Die Forschung hat deshalb kürzlich eine neue Wirkstoffkombination aus zwei antimikrobiellen Substanzen entwickelt, die bei solchen Bakterien funktionieren sollte. „Aztreonam-Avibactam ist eine Kombination aus einem älteren Antibiotikum – Aztreonam – mit einem neueren Hemmstoff – Avibactam –, der die Wirksamkeit der Resistenz gegen Carbapeneme aufheben kann und so die Bakterien wieder angreifbar macht“, erklärt Imirzalioglu. Erprobt wurde diese Kombination bisher nur in klinischen Studien. Eine reguläre Nutzung erfolgte noch nicht.
Laut einer im Fachmagazin Antimicrobial Agents and Chemotherapy publizierten Studie wurden laut einer Genomanalysen trotzdem bereits Bakterien entdeckt, die gegen die neue „Waffe“ der Medizin resistent sind. „Alarmierend ist hierbei auch die Tatsache, dass diese Resistenz auch bei Bakterien gefunden wurde, die in Deutschland sehr häufig vorkommende Carbapenemasen tragen“, so Trinad Chakraborty.
Dies bedeutet, dass die Resistenzen gegen die neue Wirkstoffkombination sich schnell ausbreiten können. Laut den Forschern wird das neue Kombinationsmittel demnach in vielen Fällen nicht mehr wirken. „Die Erwartung als Hoffnungsträger-Kombination bei Infektionen mit Carbapenem-resistenten Erregern kann möglicherweise nicht erfüllt werden“, erklärt Chakraborty.
Antimicrobial Agents and Chemotherapy, doi: 10.1128/AAC.01090-21