Robert Klatt
Milde oder asymptomatische SARS-CoV-2 Verläufe haben in Bayern dafür gesorgt, dass viele Infektionen bei Kindern unbemerkt blieben.
München (Deutschland). Wissenschaftler haben im Rahmen der Fr1da-Studie zwischen Januar und Juli 2020 Blutproben von 11.884 Kindern aus Bayern im mittleren Alter von 3,2 Jahren entnommen. Es sollte daran untersucht werden, ob bereits im Kindesalter ein Screening des Typ-1-Diabetes möglich ist. Die Medizin konnte bereits belegen, dass viele Kinder, die an Diabetes Typ I erkranken, in den Jahren zuvor Antikörper gegen Insulin im Blut hatten. Unklar war, ob anhand dieser Biomarker das Diabetes Typ I Risiko bestimmt werden kann.
Nun haben Forscher vom Helmholtz Zentrum München die archivierten Blutproben auf Antikörpern gegen SARS-CoV-2 untersucht. Dazu nutzten sie laut ihrer Publikation im Magazin Med einen selbst entwickelten Luciferase-Immunopräzipitations-Test (LIPS Assay), dessen Funktionsprinzip mit dem Suchtest auf Insulinantikörper der Fr1da-Studie vergleichbar ist. In einer ersten Testreihe konnte das LIPS Assay Verfahren, das Antikörper gegen das Spikes-Protein und das Nukleokapsid erkennt, bei 3.887 Kontrollen eine Sensitivität von über 95 Prozent und eine Spezifität von 100 Prozent erreichen.
Insgesamt gab es unter den 11.884 Blutproben 82 positive Ergebnisse mit Antikörpern gegen beide vom LIPS Assay Verfahren erkannte Virusbestandteile. Infektionen traten bei den Probanden im Januar (1), März (1), April (9), Mai (21), Juni (25) und Juli (25) auf. Im Mittel waren zwischen April und Juli 0,87 Prozent der Kinder laut den Antikörpertests zweifach-positiv.
Die Infektionsrate liegt damit laut den Blutproben sechsmal höher als die vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Ernährung erfassten Fälle bei Kindern. Verantwortlich für diese Differenz ist der bei Kindern oft milde Krankheitsverlauf. Gegenüber den Wissenschaftlern gab die Hälfte der Eltern an, bei ihren Kindern nur milde Symptome beobachtet zu haben, die nur selten mit SARS-CoV-2 in Verbindung gebracht wurde.
Wie eine Reihe von Studien zeigt, sind SARS-CoV-2 Infektionen häufig asymptomatisch. Rund 50 Prozent der Eltern erklärten, dass sie bei ihren Kindern trotz der Infektion keinerlei Symptome bemerkten. Die Studiendaten erlauben Rückschlüsse darauf, dass Infektionen häufig innerhalb der Familie geschehen. Etwa ein Drittel der positiv getesteten Kinder lebte mit einem ebenfalls positiv getesteten Familienmitglied zusammen.
Med, doi: doi.org/10.1016/j.medj.2020.10.003