Robert Klatt
Inhaltsstoffe des Bernsteins töten Staphylococcus aureus (MRSA), besser bekannt als Krankenhauskeim und andere resistente grampositive Bakterien.
Washington D.C. (U.S.A.). In der traditionellen Volksmedizin wird Bernstein schon seit Jahrtausenden eine besondere Heilwirkung zugeschrieben. Schamanen nutzten Pulver des erstarrten Baumharzes deshalb unter anderem zur Zubereitung heilender Tränke. Deutlich wird die antibakterielle und antifungale des Bernsteins aber auch daran, dass eingeschlossene Strukturen wie Blüten aus der Kreidezeit über Jahrmillionen konserviert bleiben.
„Doch trotz seiner etablierten Verwendung in der Volksmedizin hat es bisher keine umfassende Erforschung der bioaktiven Komponenten von baltischem Bernstein und seiner therapeutischen Effekte gegeben. Zwar haben frühere Studien schon einige Substanzen im Bernstein gefunden, die möglicherweise zu neuen Antibiotika führen könnten, dies wurde aber nicht weiterverfolgt“, erklären Wissenschaftler der University of Minnesota.
Laut ihrer Präsentation auf dem ACS Spring Meeting 2021 hat das Team um Elizabeth Ambrose und Connor McDermott deshalb gezielt die antibakterielle Wirkung von baltischem Bernstein analysiert. Es handelt sich dabei um Bernstein, der vor etwa 44 Millionen Jahren aus Harz der urzeitlichen Schirmtannen (Sciadopityaceae) entstanden ist. Einst waren diese zu den Koniferen gehörenden Bäume auf der ganzen Erde verbreitet, heute existiert nur noch eine Art, die endemisch in Japan vorkommt.
Zur Bestimmung der Inhaltsstoffe zermahlten die Wissenschaftler Bernstein extrem fein. Anschließend konnten sie das Pulver chemisch mit der Gaschromatografie-Massenspektroskopie (GC-MS) analysieren. Dabei fanden sie dutzende chemische Verbindungen, von denen besonders Abietinsäure, Dihydroabietinsäure und Palustrin das Interesse der Forscher erlangten, weil es bereits bekannt war, dass diese organischen Moleküle eine biologische Aktivität besitzen.
Anschließend untersuchten die Wissenschaftler, ob die antibakterielle Wirkung der Inhaltsstoffe auch bei Keimen und Bakterien besteht, die gegen gängige Medikamente immun sind. Ein Speziallabor untersuchte die Wirksamkeit an insgesamt neun Bakterienspezies, darunter auch den methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), besser bekannt als Krankenhauskeim.
Dabei fanden sie heraus, dass die bioaktiven Inhaltsstoffe einen Teil der Bakterien tatsächlich töten. „Das wichtigste Resultat ist, dass diese Verbindungen gegen grampositive Bakterien aktiv sind, darunter auch resistente Stämme von Staphylococcus aureus“, erklärt McDermot. Bei gramnegativen Mikroben zeigen die Inhaltsstoffe des Bernsteins hingegen keine Wirkung.
„Das deutet darauf hin, dass die Beschaffenheit der bakteriellen Zellmembran für die Wirkung dieser Verbindungen verantwortlich sein könnte“ erklärt McDermot. Weitere Studien sollen nun untersuchen, welches Molekül für die Wirkung verantwortlich ist und wie die Inhaltsstoffe ihre Wirkung erzielen.